Paris - Wenige Tage nach den Mordanschlägen auf Korsika ist am Freitag in Paris ein Geheimbericht über die Mafia-Strukturen auf der französischen Mittelmeerinsel enthüllt worden. Die Boulevardzeitung "FranceSoir" veröffentlichte einen Bericht des Anti-Korruptions-Staatsanwaltes Bernard Legras, der auf 150 Seiten die Verflechtung zwischen korrupten Politikern, kriminellen Banden und organisiertem Verbrechen auf Korsika offenlegt. Der Bericht wurde im Juli vergangenen Jahres dem Justizministerium übergeben, jedoch unter Verschluss gehalten. "FranceSoir" deutete an, dass durch die Geheimhaltung des brisanten Papiers der Korsika-Plan der Regierung zur Befriedung der Insel nicht gefährdet werden sollte. Wahlbetrug und Korruption Den korsischen Abgeordenten wird in dem Bericht des Staatsanwaltes Wahlbetrug und Korruption bei der Vergabe öffentlichter Aufträge vorgeworfen. Zudem wird der Verdacht nahegelegt, dass die kriminelle Organisation "Meeresbrise" und die korsischen Nationalisten teilweise Hand in Hand arbeiten. Die Bande sei derzeit dabei, den Kaffee-Markt auf Korsika an sich zu reißen. Zudem verweigere die Justizpolizei die Zusammenarbeit bei der Aufklärung von Verbrechen. Die jüngsten Mordanschläge am Dienstag und am vergangenen Freitag haben der Korsika-Politik von Premierminister Lionel Jospin einen Rückschlag versetzt. Sein Plan sieht unter anderem mehr Autonomie-Rechte für die Korsen vor. Er ist aber an die Bedingung geknüpft, dass die Gewalt beendet wird. In den vergangenen 25 Jahren wurden mehrere tausend Sprengstoffanschläge und Dutzende politische Morde auf Korsika verübt; die meisten wurden nie aufgeklärt. Die korsischen Nationalisten kämpfen mit Waffengewalt für die Unabhängigkeit von Frankreich. (APA)