Inland
Haft wegen Liebe zu 17-Jährigem
Der umstrittene Paragraph 209 hat wieder einen Schuldspruch nach sich gezogen.
Wiener Neustadt - Das Haus ist
sauber. Die Gänge wirken beinahe freundlich. Die Säle sind
groß und hell. Die südliche
"Neustadt" von Wien macht
ihrem Namen im Landes_gericht alle Ehre. Richter Hubert Zak verhandelt flott und
entspannt. Ein 36-jähriger
schlanker blonder Mann, der
dem Gericht mit seiner geduckten Körperhaltung und
mit kleinlauten Worten den
Gefallen tut, so zu wirken, als
hätte er tatsächlich etwas Böses getan, wird korrekt nach
dem Gesetz zu 15 Monaten
teilbedingt verurteilt. Ein Monat davon muss er absitzen.
Zieht man die schon verbüßte
Haftzeit ab, bleiben 13 Tage
Gefängnis über. Was er verbrochen hat? Nichts. Im Gegenteil. Er hat geliebt.
Der Geliebte war (und ist) 17
Jahre alt. Sie begegneten einander virtuell, im Internet.
Ein paar E-Mails, ein paar
Treffen - und die beiden hatten eine Liebesbeziehung.
"Warum müssen Sie auch in
die Homepage gehen?", fragt
der Richter vorwurfsvoll:
"Was haben Sie sich erwartet,
wen Sie da kennen lernen?" -
Keine Antwort. Vermutlich:
einen jungen Mann.
Wäre der 36-Jährige eine
Frau, hätte er mit dem 17-Jährigen tun dürfen, was ihnen
Spaß machte. Wäre der 17-Jährige ein Mädchen, hätten
sie so viel Sex haben dürfen,
wie sie wollten. Aber Österreichs Strafgesetz hütet - trotz
wiederholter Rügen und Beschwerden der UNO und des
Europarates - als letztes Land
der EU noch immer den Paragraphen 209, der Jugendliche
unter 18 Jahren vor homosexuellen Intimitäten schützen
will. "Es ist abscheulich und
erniedrigend, dass mein Mandant hier sitzen muss, nur
weil er und sein Freund
männlichen Geschlechts
sind", meint Verteidiger Helmut Graupner. "Ganz Europa
schüttelt den Kopf, dass es das
bei uns noch gibt." - "Der Gesetzgeber wird sich bei der
Schaffung des Paragraphen
schon etwas gedacht haben",
erwidert der Richter.
18 Tage U-Haft