Die Schande ist historisch gewachsen, was sie nicht geringer macht. Frauen verdienen in Österreich seit jeher weniger als Männer, zahlen mehr für die Gesundheitsvorsorge und beziehen im Alter weniger Pension. Sie werden, und daran ändert keine Schönrednerei etwas, noch immer primär als versicherungsmathematischer Durchrechnungsposten behandelt, bei dem die Gleichung mit "Weniger Einzahlungen und Versicherungsjahre macht weniger Leistung" aufgestellt wird. Es wäre an der Zeit, die Einkommenssituation und soziale Absicherung der Frauen als grundsätzliche Frage der Menschenrechte unter dem Aspekt der Gleichbehandlung zu diskutieren. Als jüngster Beleg eines beschämenden Sachverhaltes darf eine EU-Studie angeführt werden, wonach die Frauen in Österreich gemessen am Einkommen der Männer am schlechtesten in der EU abschneiden. 70 Prozent der Frauen wählen ihren Beruf aus drei Bereichen aus - Dienstleistung, Verkauf, Büro. Im Niedriglohnbereich arbeiten weit mehr Frauen als Männer. Was wurde aus den Bildungsoffensiven der vergangenen Jahre? Rund ein Drittel weniger Lohn für die gleiche Arbeit - das ist ein Faktum, das weder ideologisch noch volkswirtschaftlich zu begründen ist. Das "Risiko" einer Schwangerschaft, das Arbeitgeber gern als Grund für die schlechtere Bezahlung von Frauen anführen, wird oft mit dem Hinweis konterkariert, dass sich die Gesellschaft Kinderbetreuung und -erziehung eine Menge Geld kosten lässt, nur: Warum geschieht das zulasten der Frauen? "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" war ein Slogan, mit dem vor dreißig Jahren ein Aufbruch signalisiert wurde, der alle halbwegs aufgeklärten Schichten im Konsens vereinte. Heute ist davon keine Rede, und schlimmer noch, von Konsens keine Spur mehr. Papa muss schließlich Kohle machen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 24.8.2001)