Wien - Im täuschend realistischen Spezialeffekt feiert das Kino immer noch seinen größten Triumph. Dabei beruht dessen Wirkung auf einer eigentümlichen Ambivalenz: Denn einerseits stellt er - durchaus selbstreflexiv - die technologischen Möglichkeiten der Zeit aus, andererseits aber will er ganz als Illusion rezipiert werden, als Trugbild, das mehr auf das irrationale Vermögen im Betrachter setzt.
Wenn nun im Zuge des ersten fotorealistischen Animationsfilms, Final Fantasy - Die Mächte in dir, ganze Menschendarsteller aus dem Computer erstehen, erreicht dieses Prinzip seinen vorläufigen Höhepunkt. Da muss nicht erst mancher Schauspieler aus Fleisch und Blut der Paranoia anheim fallen, bald als unnützes Requisit zu enden, dass sich ein (falscher) Verdacht einschleicht: Der Mensch büßt nunmehr auch in den reproduzierenden Künsten seine letzte Originalität ein.
Man darf Entwarnung geben. Nicht nur, weil sich die Figuren des Films ganz offensichtlich aus realen Vorbildern ableiten (der fesche Leutnant Gray Edwards sieht etwa wie eine Kreuzung aus Ben Affleck und dem jungen Mel Gibson aus), sondern weil sich Final Fantasy selbst schon Grenzen setzt:
Der Hyperrealismus scheint die Möglichkeiten der Technik eher einzuschränken als zu vergrößern, vielleicht weil er sich zu sehr an den natürlichen Begrenztheiten des Körpers orientiert, als versucht, diese lustvoll zu übersteigern. Das Haar der Heldin Dr. Aki Ross mag daher noch so schön irdisch glänzen, ihr mimetisches Vokabular bleibt äußerst eingeschränkt.>
Wo der virtuelle Star auf seinen menschlichen Ursprung zurückverweist, gleicht die Handlung einem Derivat aus unterschiedlichen Science-Fiction-Elementen: Die Erde ist bis auf wenige hermetisch abgedichtete Grenzposten ein postapokalyptisches Trümmerfeld, in dem sich schattenhafte Aliens tummeln - in Wahrheit die ruhelosen Geister der Bewohner eines zerstörten Planeten.
Naturliebende Heldin
Der Rest der Menschheit rüstet sich gerade zum Gegenschlag, aufgeteilt in zwei Fraktionen um den Technokraten General Hein, der die Parasiten mit Waffengewalt bekämpfen will, und um die selbst von einem außerirdischen Wirt befallene Dr. Ross, die es ökologiebewusster mit einem Gegengift aus spirituellen Essenzen versucht.
Mit der Suche nach den letzten organischen Zutaten, allesamt "beseelte" Dinge wie etwa eine seltene Pflanze oder ein sterbendes Mädchen, wird ein quasireligiöses Projekt verfolgt, das in einem zur Gänze digitalisierten Film seltsam deplatziert wirkt, so als gelte es, dem "kühlen" Design der Bilder über den Plot die fehlende Wärme zuzuführen. Letztlich verläuft der Pfad zur Erleuchtung jedoch für Dr. Ross und ihre - ganz nach US-Schema besetzte - multiethnische Einsatztruppe über bewährte Kampfstrecken (schon wieder Flugmanöver durch enge Schluchten), die merklich träger umgesetzt sind als in Realfilmen.
Dennoch gewinnt Final Fantasy dieser Konstellation bisweilen, in Dr. Ross' Traumsequenzen oder in der Visualisierung der Geisterwesen, eine eindrückliche Optik ab und erreicht insgesamt eine hybride Qualität, die westliche Spannungsdramatik mit einer mehr an japanische Sci-Fi-Genreableger erinnernden Vorliebe für Spuk und unheimliche Settings vereint.
Erklären lässt sie sich mit dem Produktionshintergrund, denn dem Film geht eine weltweit zum Verkaufsschlager gewordene, interaktive Computerspielserie voraus, die Hironobu Sakaguchi, nunmehr auch der Regisseur, entworfen hat. Im Verein mit internationalen Koproduzenten wurde deren fantastischer Überbau sukzessive auf ein global "verständliches" Niveau eingeebnet.