Wien - Die Europäische Zentralbank (EZB) wird durch den Zinsschritt der US-Notenbank Fed am Dienstag "sicher nicht" unter Druck kommen, meint RZB-Volkswirtschafts- und Finanzmarktanalystin Lydia Kranner. Sie sei mit ihren Zinsschritten schon bisher sehr vorsichtig gewesen. Die nächste Chance auf eine Senkung bestehe am 30. August, dann wieder im September. Letzteres Datum sei wahrscheinlicher, dann sei aber eine Senkung von sogar einem halben Prozentpunkt drinnen, so die RZB-Expertin. Die Erste Bank erwartet bis Ende September 25 Basispunkte EZB-Zinssenkung, die bis Jahresende dann halten sollten. Mit der mittlerweile siebenten Senkung des Schlüsselzinses der US-Notenbank Fed in diesem Jahr, diesmal um 25 Basispunkte (BP) auf 3,50 Prozent dürfte der Zinssenkungsprozess schön langsam zu einem Ende kommen, so Kranner. Für die Erste Bank kam die Zinssenkung im erwarteten Ausmaß, obwohl Marktteilnehmer auch 50 BP erwartet hatten. "Keine totale Entwarnung" "Die Fed musste aufpassen, nicht das ganze Pulver zu verschießen, falls sich konjunkturell bis Jahresende nichts tut", sagte der US-Experte der Erste Bank, Rainer Singer. Auch von der Inflationsseite her könne für die USA keine totale Entwarnung gegeben werden, obwohl die Fed behaupte, diese mit 2,7 Prozent im Griff zu haben. Die Inflation sei aber stabil. Spekulationen auf weitere 25 BP bei der nächsten Fed-Sitzung Anfang Oktober werden zwar aufrecht bleiben, ein nochmaliger Schritt scheint aber derzeit wenig wahrscheinlich, so die Einschätzung der RZB-Expertin. Rezessionssignal "Unser Konjunkturmodell liefert in diesem Zusammenhang ein neues Rezessionssignal (zuletzt 1991). Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass es in diesem Jahr zu einer technischen Rezession kommen wird", heißt es in einem Kommentar des Bank Austria/Creditanstalt Fixed Income Research. Das Wirtschaftswachstum werde in diesem Jahr nicht nur in den USA, sondern auch global enttäuschen und trotz Zinssenkungen im Ausmaß von 300 Basispunkten innerhalb von 8 Monaten ist die rasche Verlangsamung der einst "Red Hot Economy" ein historisches Ereignis, kann das BACA Fixed Income Research die Entscheidung der Fed nachvollziehen. Euro unbeeindruckt Den Euro hat die US-Zinssenkung unbeeindruckt gelassen und auch auf den Bondmärkten wurde der gestrige Zinsschritt der Fed Großteils schon vorweggenommen. Die unmittelbar positive Reaktion nach der Zinssenkung führt RZB-Expertin Kranner eher auf die Rückschläge auf den Aktienmärkten zurück. Die derzeitigen Renditeniveaus in den USA stellten jedenfalls eine Verkaufsgelegenheit dar, meint sie. Da laut Erste Bank-Experten Rainer Singer ist für die US-Konjunktur in diesem Jahr kein "Turnaround" absehbar sei, werde der US-Dollar weiter unter Druck kommen. Im ersten Quartal 2002, also im kommenden Frühjahr, werde der Euro die Parität zum Dollar wieder gewonnen haben, prognostiziert der Erste-Experte. (APA)