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Nikumaroro (früher: Gardner Island)

Foto: Archiv
Wer weiß, wo Nikumaroro liegt? Kaum jemand. Das kleine Pazifikatoll findet sich auf keiner Landkarte. Es ist völlig ohne Bedeutung für den Rest der Welt. Doch für die rund 74.000 Bewohner der Republik Kiribati ist die Koralleninsel Teil ihrer Existenz. Seit Generationen dient Nikumaroro den Menschen als Quelle für Nahrung und als Unterschlupf bei wilden Stür- men. Ob die Fischer aber noch lange unter den Palmen dieses Südseeatolls Schutz finden werden, ist unsicher. Wie Tausende andere Inseln im Pazifik liegt Nikumaroro nur Zentimeter über dem Wasserspiegel. Auch sie ist davon bedroht, überflutet zu werden. René Harris, der Präsident des Forums der Pazifikinseln, spricht von einem "modernen Holocaust". Ein Vergleich, zu dem er sich berechtigt sieht, weil er davon ausgeht, dass der rücksichtslose Treibhausgasausstoß der Industrieländer jenen Anstieg des Meeresspiegels verursacht, durch den die Inseln untergehen werden. Bei einem Treffen von 16 Pazifikstaaten flehte er kürzlich die Welt an, die sich anbahnende Katastrophe endlich wahrzunehmen. Gespräch mit Bush Die Regierungschefs der acht kleinsten Atoll-Länder wollen mit US-Präsident George W. Bush sprechen. Sie fordern die USA auf, das Kioto-Protokoll zur Reduzierung von Treibhausgasen zu unterzeichnen. Nur durch eine weltweite drastische Reduktion der ozonschädigenden Stoffe könne das Problem der steigenden Meeresspiegel noch unter Kontrolle gebracht werden - wenn überhaupt. Messungen zeigen, dass in Atollstaaten wie Kiribati, den Marshall-Inseln und Tuvalu das Wasser jährlich um einige Millimeter steigt und einzelne Inseln schon innerhalb der nächsten 50 Jahre überspülen könnte. Kommt es so weit, bleibt den betroffenen Menschen nichts anderes übrig als die Flucht - auf die wenigen höher liegenden Inseln oder in andere Länder. Auf einigen Inseln ist Süßwasser wegen des steigenden Salzwasserspiegels kaum noch trinkbar. Gemüse und Früchte wachsen nicht mehr; die ohnehin schon große Abhängigkeit von Importprodukten nimmt zu. Wenig Chancen Ob ein Gespräch mit George W. Bush wirklich helfen wird, ist nach Meinung von Beobachtern sehr fraglich. Zum einen sind die Inselstaaten für die USA höchstens als Stützpunkte für die amerikanische Pazifikflotte wichtig, zum andern hat Bush in der Region einen starken Verbündeten: Australien. Der nächste und größte Nachbar der Atollstaaten weigert sich ebenfalls, das Kioto-Protokoll zu unterzeichnen. Die Vertreter der kleineren Mitgliedstaaten im Pazifikforum fühlten sich brüskiert, als Premierminister John Howard heuer erneut nicht selbst zur Konferenz kam, sondern seinen vor dem Rücktritt stehenden Verteidigungsminister schickte. Dass sich Australien zum Thema Klimaschutz auf die Seite der USA stellt, erstaunt nicht: Das von fossilen Treibstoffen abhängige Land ist wie die USA einer der weltgrößten Produzenten von Treibhausgasen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21. 8. 2001)