Das Nulldefizit kommt 2002, oder es kommt ein bissl später. Ein Schelm, wer anderes glaubt, und ein politischer Narr, wer sich angesichts bevorstehender Wahlen keinen Spielraum erhalten will. Die Wirtschaftsflaute hat den Wind aus den Segeln der Sanierer genommen, aber nicht ihre Logik umgekehrt. Auf Dauer brauchen Staaten ebenso wie ihre Bürger ausgeglichene Budgets, sonst steuern sie auf eine Krise zu. Hier eine vermessene Prognose, die sich nicht an der aktuell düsteren Wirtschaftsbefindlichkeit festhält: Wenn die USA, deren Wirtschaft der Leithammel für die industrialisierte Welt ist, vom Defizit zum Überschuss kommen, wird es ihnen die EU nachmachen. Wenn Schweden, ein ausgewiesener Sozialstaat, innerhalb weniger Jahre ein höheres Defizit als Österreich in einen Überschuss von vier Prozent verwandelt, wird dies auch Österreich erreichen, ohne deswegen zu einer asozialen Ellbogengesellschaft zu mutieren. Hätte sich Österreich die letzte "Steuerreform" um 30 Milliarden erspart, wären wir heuer fast schon dort. Sowenig die grundsätzliche Richtung in Zweifel steht, sosehr wird um die Verteilung der schwarzen Peter für die beschwerlichen Phasen dieses Weges gepokert. Landeshauptmann Pröll muss früher zur Wahlurne, also will er den steuerlich hoch belasteten Bürgern zwischendurch Labung bieten. Finanzminister Grasser ist erst ein Jahr später dran, also kann er länger an seinem vorgegebenen 2002-Ziel festhalten. Die EU und mit ihr Österreich haben sich relativ spät auf den Weg gemacht, und dabei ist ihnen die Flaute in die Quere gekommen. Am bereits sichtbaren Ziel wird das nichts ändern. Nur den Zeitpunkt des Erreichens zu wissen: Dazu müsste man Prophet sein. (DER STANDARD, Printausgabe 21.8.2001)