Alpbach - Die von der FPÖ erhobene Forderung nach einer Volksabstimmung über die EU-Erweiterung ist nach Ansicht des Regierungsbeauftragten Ex-Vizekanzler Erhard Busek (V) ein "Akt der Stimmenmaximierung mit Seitenblick auf regionale und nationale Wahlen". "Mit mir kann man über die Frage einer Volksabstimmung reden, wenn es ein Verhandlungsergebnis gibt und wenn daraus irgendwelche Probleme und Veränderungen für Österreich entstehen, die man grundsätzlich zur Frage stellen muss", sagte Busek in Alpbach. Würde man hingegen jetzt eine Volksabstimmung über die Erweiterung abhalten, wäre dies eine Entscheidung darüber, "welcher Nachbar uns sympathischer ist. Diese Art von Schönheitswettbewerb in Europa möchte ich nicht haben", sagte der Regierungsbeauftragte für die EU-Erweiterung. Die FPÖ hat zuletzt wiederholt eine Volksabstimmung über die EU-Erweiterung gefordert, was der Koalitionspartner ÖVP umgekehrt regelmäßig ablehnte. Busek betonte, dass die kritischen Kapitel in den Beitrittsverhandlungen noch nicht abgeschlossen seien. Österreich müsse am Ende eine Abwägung seiner Interessen vornehmen. "Wir können nicht alle Kleinigkeiten durchbringen." In der Verkehrspolitik liege das Versäumnis auf der Seite Österreichs. "Wenn die EU in ihrem Verkehrskonzept in Richtung Bemautung geht, hätten wir das schon längst machen können." Bei den EU-Fördergeldern für Grenzregionen verstehe er den "Aufschrei" nicht, sagte Busek, "denn es gibt eine Reihe von Ländern, die die Mittel gar nicht verbrauchen konnten und es fehlt an Projekten". Vetodrohungen gegen Tschechien im Zusammenhang mit dem umstrittenen südböhmischen Atomkraftwerk Temelin hält Busek für verfehlt: "Wenn die Tschechische Republik draußen bleibt, können wir noch weniger in der Frage mitreden", gab der Regierungsbeauftragte zu bedenken. Bei der Erweiterung müsse man den Menschen klar sagen, "dass wir in Wahrheit von dem, was wir fürchten, profitieren". So arbeiteten bereits jetzt viele Österreicher in den Kandidatenländern, umgekehrt würden ganze Branchen in Österreich vom Personal aus diesen Staaten leben. Busek: "Wir haben die schizophrene Eigenschaft, das für selbstverständlich zu nehmen und dann zu sagen: 'Die sollen draußen bleiben.'" Fast alle Einwände gegen die EU-Erweiterung lassen sich nach Ansicht von Busek auf Ängste vor dem Verlust von Wohlstand zurückführen. "Der Rest ist politische Verpackung." Würden die unterschiedlichen Lebensniveaus zwischen den bisherigen 15 EU-Staaten und den Beitrittsländern aber nicht angeglichen, werde dies noch teuer kommen, weil aus dieser Differenz eine Fülle von Problemen wie Wanderungsbewegungen, Konflikte und Kriminalität zu entstehen drohten, warnte der ehemalige Vizekanzler. (APA)