Wien - Der heimische Öl- und Gasriese OMV ist einem Engagement in Polen mit Riesenschritten nähergekommen. Am Montag haben die Österreicher ein offizielles Angebot für den polnischen Ölkonzern PKN Orlen abgegeben. Dort stellt der Staat 17,58 Prozent der PKN zum Verkauf. OMV wird mit der ungarischen Mol um den Kauf rittern.Analysten sehen hohe Chancen für OMV

Nächste Woche will die polnische Regierung bekannt geben, wer den exklusiven Verhandlungszuschlag bekommt. Analysten stufen die Chancen der Österreicher zum Zuschlag als ungleich höher ein. Denn die OMV hat mit 168,38 Mio. Euro (2,3 Mrd. S) genug Geld in der Kasse und könnte bar zahlen. Die Mol dagegen würde bei der PKN über einen Aktientausch einsteigen. Die OMV hält zehn Prozent an der Mol, mit dem Angebot der Ungarn in Polen dürfte ein Zusammengehen aller drei Unternehmen vom Tisch sein. OMV-Chef Richard Schenz räumte ein, sich von der ungarischen Beteiligung mehr erwartet zu haben. Dafür hofft er nun auf Polen: "Ein Markteintritt in Polen kam für uns nie als Stand-alone-Variante infrage."

Gasstrategie gefunden

Fit macht sich die OMV derzeit auch für eine Neuordnung des Gasbereichs. Hier verfolge man nun eine Österreich-Strategie, sagte Vizegeneraldirektor Wolfgang Ruttenstorfer. Der Konzern will die Bande mit den Landesversorgern enger knüpfen. Dabei denkt er an Wien und Niederösterreich (EVN) und eventuell die Steiermark (Estag). Für die Großkundenbetreuung werde überlegt, mit den Landesversorgern eine eigene Gesellschaft zu gründen. Damit wollen sich die Unternehmen gemeinsam für die Liberalisierung des Gasmarktes ab Oktober nächsten Jahres rüsten.

Gute Halbjahrszahlen

Die OMV hat am Dienstag gute Zahlen für das erste Halbjahr vorgelegt: Das Betriebsergebnis (Ebit) kletterte um 88 Prozent auf 364 Mio. Euro. Trotzdem: Die Aktie sank am Dienstag um 2,77 Prozent auf 105 Euro. Denn Analysten hatten sich eine Verdoppelung des Ergebnisses erwartet. Ralf Burchert, Analyst der Erste Bank, zeigte sich dennoch zufrieden: "Es ist trotz allem eine starke Geschäftsentwicklung. Dazu beigetragen haben sicher der starke Dollar und die leicht höhere Förderung. Insgesamt ergibt das ein ganz positives Bild." Das Unternehmen erklärt das verbesserte Ebit mit "markanten Verbesserungen" in den Bereichen Raffinerien und Marketing (R&M) und Exploration und Produktion (E&P). Allein der Bereich R&M legte um 388 Prozent zu, da im ersten Halbjahr des Vorjahres zwei Hauptdestillationsanlagen wegen Wartungsarbeiten stillstanden. E&P kletterte um 42 Prozent in die Höhe. Auch sonst gab es durchwegs Zuwächse.

Margen kommen unter Druck Dafür rechnet Schenz nun mit einem schwächeren zweiten Halbjahr. Denn die Margen könnten unter Druck kommen. Das Jahresergebnis sollte aber leicht höher als im Vorjahr bleiben, in dem die OMV ein Rekordergebnis erzielte. Wie hoch die Dividende sein wird, sagte Schenz nicht. Nur so viel: "Ich nehme an, wenn das Ergebnis besser wird, wird die Dividende nicht kleiner." Für das Jahr 2000 hatte OMV 4,30 Euro je Aktie ausgeschüttet. Im Jahr zuvor waren es 2,40 Euro. (este, DER STANDARD, Printausgabe, 16. August 2001)