Eisenstadt - Wer träumt nicht vom reichen Onkel in Amerika. Nun, für einen Burgenländer ist dieser Wunschtraum wahrscheinlich ein wenig realistischer als für den Restösterreicher. Grund dafür ist die starke Auswanderung, mit der das jüngste Bundesland Österreichs stets zu kämpfen hatte. So sollen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts aus dem damaligen Deutsch-Westungarn und späteren Burgenland etwa 66.000 Menschen, andere Schätzungen sprechen sogar von bis zu 100.000 Personen, nach Übersee ausgewandert sein. Begonnen hat alles im Jahr 1777. Lorenz Schoenbacher aus dem mittelburgenländischen Neutal kam als Söldner eines hessischen Regimentes nach Nordamerika. Dort kämpfte er im Unabhängigkeitskrieg zunächst auf britischer Seite gegen die aufständischen Kolonisten. Zwei Jahre später desertierte Schoenbacher und schloss sich den Aufständischen an. Nach Kriegsende ließ sich der Söldner in North-Carolina nieder, und erhielt von der amerikanischen Regierung als Dank für seine Dienste Land geschenkt. Der Neutaler wurde somit zum ersten nachweislich dokumentierten Amerikawanderer aus dem heutigen Burgenland. Die Gründe für die Mitte des 19. Jahrhunderts stark einsetzende Emigration lagen zu meist in den schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen. Die daraus resultierende Armut ließ viele Menschen im damaligen Deutsch-Westungarn von einem besseren Leben in Übersee träumen. Chicago, Pennsylvania und New York zählten zu den beliebtesten Zielen. Die Überfahrt erfolgte zunächst per Schiff, später erst mit dem Flugzeug. Viele der Emigranten setzen ihre Hoffnungen dabei zumeist wirklich nur auf "einen starken Glauben und zwei fleißige Hände", wie es ein Auswanderer aus dem Südburgenland einst formuliert hatte. Spürbar Doch auch die alte Heimat spürte die Folgen der Wanderungsbewegung. So lebten 1939 etwa 21 Prozent (8.200 Personen) der Bevölkerung des Bezirkes Güssing in Amerika. Doch andererseits führten Geldheimsendungen und gelegentliche Rückwanderungen zu positiven wirtschaftlichen Effekten in den burgenländischen Dörfern. Außerdem kamen in der Zwischenkriegszeit Südamerika und Kanada als Migrationsziele der Burgenländer hinzu. Das Zentrum blieben aber bis heute die Vereinigten Staaten. Durch die Entwicklung ergab sich auch die kuriose Situation, dass um 1970 etwa 30.000 Burgenländer in Chicago lebten, was damals etwa der dreifachen Einwohnerzahl der Landeshauptstadt Eisenstadt entsprach. Die nordamerikanische Metropole wurde daher auch oft scherzhaft als die größte burgenländische Stadt bezeichnet. Alte und neue Hoamat Heute bestehen noch vielfältige Verbindungen zwischen den Auswanderern und der alten Heimat. So ist die 1956 gegründete und in Güssing ansässige Burgenländische Gemeinschaft auch in den USA, Kanada, Argentinien, der Schweiz, Südafrika und England vertreten. Neben der Herausgabe einer Zeitschrift wird alljährlich auch ein Auswanderertreffen organisiert. "Unser Ziel ist es, Brücken zu bauen zwischen der alten und neuen Heimat", erläutert der Präsident der Organisation, Walter Dujmovits. Ebenso hat man ein Auswanderermuseum in Güssing eingerichtet, wo dieser Abschnitt der Landesgeschichte dokumentiert ist. Wer Ahnenforschung betreiben will, kann dies über den Burgenland-Bunch im Internet (http://www.spacestar.com/users/hapander/burgen.html) tun. Eingerichtet wurde diese Plattform 1996 von Gerald Berghold aus Virginia, dessen Großeltern um die Jahrhundertwende aus dem Südburgenland ausgewandert waren. (APA)