Bayreuth - Der Streit um die Nachfolge von "Hügel"-Chef Wolfgang Wagner hat eine weitere existenzielle Zukunftsfrage der Bayreuther Richard-Wagner-Festspiele lange überdeckt. Zweieinhalb Jahre nach der Ankündigung der deutschen Bundesregierung, sich aus der Finanzierung zurückzuziehen, beginnt in Bayreuth eine neue Diskussion über die finanzielle Zukunft der Festspiele. Zwar will der amerikanische Kunstmäzen Alberto Vilar die Kosten für die komplette Ausstattung der Neu-Inszenierung des "Tannhäuser" im kommenden Jahr übernehmen. Diese Geste kann aber die immer größer werdenden strukturellen Probleme in der künftigen Finanzierung der Festspiele nur bedingt überdecken. Nach heftigen Protesten hatte die Bundesregierung ihre Pläne eines totalen Rückzugs aus der Finanzierung zwar wieder fallen gelassen. Stattdessen fror sie ihre Zuschüsse auf den Betrag von 1999 ein. Die Folgen dieser Deckelung werden angesichts allgemein steigender Kosten aber von Jahr zu Jahr deutlicher. Der Vorsitzende der Mäzenatengesellschaft "Freunde von Bayreuth", der Bankier Karl Gerhard Schmidt, hat die Bundesregierung jetzt aufgefordert, "von ihrer Betonhaltung abzurücken". Einfrieren der Bundeszuschüsse Mit dem Einfrieren der Bundeszuschüsse auf 3,22 Millionen Mark (1,65 Mill. Euro/22,7 Mill. S) bis zum Jahr 2003 gerät die Jahrzehnte lang gepflegte Drittel-Finanzierung der Festspiele aus dem Gleichgewicht. Der Freistaat Bayern hat seinen Drittel-Anteil in den vergangenen beiden Jahren ebenso aufgestockt wie die Stadt Bayreuth, die Gesellschaft der Freunde Bayreuths und der Bezirk Oberfranken, die sich das dritte Drittel teilen. Stadt, Mäzene und Bezirk haben im vergangenen Jahr die fehlenden 41.000 Mark des Bundes noch klaglos übernommen. In diesem Jahr wurden sie bereits mit zusätzlichen 125.000 Mark gefordert. Im Jahr 2002 wird sich der Fehlbetrag mit 227.000 Mark nahezu verdoppeln. "Stadt und Bezirk sind nicht mehr bereit, sich daran zu beteiligen", berichtet Karl Gerhard Schmidt. Im kommenden Jahr müssten die "Freunde von Bayreuth" einspringen. Die Mäzene verfügen zwar über ansehnliche Rücklagen und nehmen rund 5 Millionen Mark pro Jahr an Spenden und Mitgliedsbeiträgen ein. Der jährliche Betriebskostenzuschuss macht mit gut 1,1 Millionen aber nur einen kleinen Teil der Zahlungen an Festspielleiter Wolfgang Wagner aus. Die Gesellschaft finanziert darüber hinaus sämtliche Baumaßnahmen und Reparaturen im Festspielhaus. Allein in den kommenden Jahren erwartet Wagner dafür zusätzliche 12 Millionen Mark. Neue Finanzierungsvereinbarung Banker Schmidt hält deshalb eine neue Finanzierungsvereinbarung für unabdingbar. "Das ist eine sehr unwürdige Situation, in die uns der Bund gebracht hat", meint der Vorsitzende der knapp 5.000 Mäzene. Schmidt setzt auch darauf, dass der neue Kulturbeauftragte des Bundes, Julian Nida-Rümelin, etwas konzilianter ist als sein Vorgänger Michael Naumann. Der Etat von Festspielleiter Wolfgang Wagner beträgt in diesem Jahr 22,7 Millionen Mark. Der Anteil der Eigenerlöse an den Einnahmen beträgt mehr als 60 Prozent. "Der Bund beteiligt sich nur mit rund zwölf Prozent am Gesamtetat der Festspiele, während er ansonsten nicht selten mit 84 bis 92 Prozent zur Kasse gebeten wird", sagt Hügel-Chef Wagner. Nach dem gesponserten "Tannhäuser" muss Wagner die weiteren vier Neuinszenierungen bis zum Jahr 2006 aber ausschließlich aus dem Festspielsäckel finanzieren. (APA/dpa)