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Damaskus/Amman/Bagdad - Zeitweise nur vier Stunden Wasser pro Tag, so schlimm war es noch nie. Die Nachricht kam Mitte Juli: Die Quelle von Fijeh, die Damaskus seit 4000 Jahren mit Trinkwasser versorgt hat, ist genauso versiegt wie der Barada-Fluss und zahlreiche andere Brunnen in der Umgebung. Der syrischen Hauptstadt stehen täglich 317.000 Kubikmeter Wasser anstelle der benötigten 750.000 zur Verfügung. Was aus den Wasserhähnen kommt, ist salzig und ungenießbar. Die Niederschlagsmengen der Winter 1999, 2000 und 2001 zusammen waren so groß wie die von 1991. Aber das ist nicht Syriens einziges Problem. Im Süden ist der wasserreiche Golan von den Israelis besetzt und genutzt, im Nordosten sitzt die Türkei mit ihren Staudammprojekten an der Wasserader Euphrat. Die Syrer klagen, dass sie die Türken am langen Arm verdursten lassen: Tatsächlich weiß man nie, wie viel Wasser durchkommt, viele syrische Bauern haben bereits aufgegeben. In trilateralen Gesprächen unter Einbeziehung des Irak soll jetzt eine Lösung gefunden werden. Während der Libanon wasserreicher und besser für Trockenperioden gerüstet ist, geht es den Jordaniern noch schlechter als den Syrern - die ihnen Mitte Juli sogar zu Hilfe eilten und die Schleusen am Jordanzufluss Yarmouk öffneten. Der Jordan selbst, der die Grenze zum Westjordanland bildet, ist nur noch ein Mythos - im Norden ein Bach, im Süden ein Rinnsal. Längst werden auch in Jordanien die Grundwasservorkommen hoffnungslos überpumpt, Hydrologen fürchten, dass die Grundwasserreserven im Gebiet um Azraq in zehn Jahren aufgebraucht sein könnten. Wie in Israel verbraucht auch in Jordanien die unrentable Agrikultur viel zu viel - was dort die Kibbuzim sind, sind hier einflussreiche Landbesitzer, aber auch viele Arme, die auf ihre kleine Landwirtschaft angewiesen sind. Die Regierung hat begonnen, den Bauern Bewässerungswasser abzukaufen, die dafür die Felder brachliegen lassen. Trotzdem kommt es immer wieder zu wasserwirtschaftlich sinnlosen Projekten wie etwa bei Dizi an der Grenze zu Saudi-Arabien, wo mitten in der Wüste bewässerungsintensiver Weizen angebaut wird. Auch die Saudis sind Meister in ähnlich blödsinnigen Projekten - Viehwirtschaft in der Wüste etc. -, aber die können es sich wenigstens leisten. Seuchengefahr Von der großen Trockenheit sind auch alle anderen Länder betroffen, etwa Iran und der Irak - wo auch die Folgen der elfjährigen UN-Sanktionen die Wasserinfrastruktur stark in Mitleidenschaft gezogen haben. In Bagdad besteht im Sommer für die Menschen in den armen Vierteln Seuchengefahr. Der im Süden von Bagdad heimische Reisanbau hat sich längst aufgehört. Im Süden des Irak vertrocknen und versalzen die Marshes, wobei die irakische Regierung der politischen Absichten beschuldigt wird, die unbotmäßigen Schiiten aus ihren schwer zu kontrollierenden Sümpfen zu treiben. Es ist ein altes Schlagwort, dass der nächste Krieg im Nahen Osten im Kampf um das Wasser ausbrechen wird (auch wenn das angesichts der aktuellen Ereignisse anders aussieht). Hydrologen haben errechnet, dass es Wahnsinn ist, sich damit abzufinden: Mit 300 Millionen Dollar jährlich sei das Wasserproblem in Nahost zu lösen, sagen sie, es sei nur ein technologisches. Wie viel ein Krieg in der Region kostet, ist viel schwerer zu schätzen, vielleicht hundert Millionen Dollar, sagen Experten. Allerdings pro Tag. (guha, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.08.2001)