Die Situation in Mazedonien blieb am Donnerstag trotz eines am Vortag erzielten Einverständnisses der wichtigsten politischen Parteien, am kommenden Montag ein politisches Rahmenabkommen zu unterzeichnen, zum Zerreißen gespannt.

Der Nationale Sicherheitsrat, der unter Ausschluss der an der Regierung beteiligten Albaner die Streitkräfte lenkt, beschloss in der Nacht auf Donnerstag eine neue Offensive gegen die Rebellen der albanischen Guerilla-Armee U¸CK, die praktisch die ganze Region um Tetovo herum kontrolliert.

Vorausgegangen war diesem Beschluss ein besonders provokativer Angriff der U¸CK-Freischärler auf einen mazedonischen Militärkonvoi auf der von Skopje nach Tetovo führenden Autobahn, der zehn Soldaten das Leben kostete.

In der Nacht zum Donnerstag demolierten in einigen Städten aufgebrachte Slawo-Mazedonier albanische Geschäfte. Die Ausschreitungen blieben aber weit unter dem Niveau früherer Zwischenfälle dieser Art, als nach ähnlich verlustreichen Schlappen, die die albanischen Guerillas den lausig geführten Sicherheitskräften zufügten, mazedonischer Mob sein Mütchen an albanischem Besitz gekühlt hatte. Aus der Umgebung von Tetovo, der zweitgrößten Stadt des Landes mit einem 85-prozentigen Albaner-Anteil, wurden am Donnerstag vereinzelt Schießereien gemeldet.

Die politische Übereinkunft, die am kommenden Montag von den Veteranen der zwei wichtigsten slawo-mazedonischen und der zwei albanischen Parteien unterzeichnet werden soll, stellt für sich genommen einen echten Markstein auf dem steinigen Weg des slawo-mazedonisch-albanischen Ausgleichs dar.

Das Rahmenabkommen bewahrt zwar die zentral-staatliche Einheit des ohnehin sehr kleinen Landes, räumt aber den Albanern, die ein Viertel bis ein Drittel der Bevölkerung stellen, wesentliche Verbesserungen beim Muttersprachengebrauch, beim Schutz anderer Volksgruppen-Rechte und bei der Integrierung ethnischer Albaner in die Polizeikräfte ein. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.8.2001)