Viel heiße Luft hat das neue ÖBB-Vorstandstrio unter Führung des Berliners Rüdiger vorm Walde bei seinem ersten gemeinsamen Auftritt in der Öffentlichkeit von sich gegeben. Selbst die ältesten Lokomotiven hätten bei diesem Dampfmachen nur schwer mithalten können. Von mehr Sauberkeit in den Zügen und insgesamt schnelleren Verbindungen war die Rede und vom Güterverkehr, der nicht vernachlässigt werden dürfe. Alles gut und schön und tausendmal gehört. Worte allein sind aber zu wenig, um etwas zu bewegen, und mögen sie noch so kess berlinerisch daherkommen. Die Liberalisierung des Schienenverkehrs wird den Wettbewerb zwischen den Bahnen intensivieren, zum Wohle der Kunden, wie man hoffen darf. Die ÖBB sind im Güterverkehr dank der von Ex-ÖBB-Chef Helmut Draxler vorangetriebenen Expansion gut aufgestellt. Auf diesem Feld können sich die ÖBB mit weitaus größeren Bahnen durchaus messen. Im Güterverkehr verdient die Bahn jenes Geld, das zum Teil im Personenverkehr wieder verloren geht. Statt Sprüche zu dreschen, wird sich die neue ÖBB-Führung bald zu einer Entscheidung durchringen müssen, ob sie den bisher eingeschlagenen Weg der Expansion mit demselben Elan vorantreiben will wie der alte Vorstand. Ein Schwachpunkt der Bahn ist der Personenverkehr, und es ist löblich, dass diesem nun mehr Bedeutung eingeräumt werden soll. Allerdings wird es mit mehr Sauberkeit und schnelleren Zügen allein nicht getan sein. Zusätzliche Kunden wird die Bahn kaum gewinnen, wenn im Sommer Züge ohne Klimaanlage zum Einsatz kommen und im Winter manche Waggons mit kaputter Heizung unterwegs sind. So etwas darf nicht zur Regel werden. Um das zu vermeiden, sind Konzepte gefragt, und der neue Vorstand wird sich daran messen lassen müssen. (DER STANDARD, Printausgabe 10.8.2001)