Wien - EU-Agrarkommissar
Franz Fischler wünscht sich
einen, aber Kanzler Wolfgang
Schüssel kommt ganz gut
"ohne" aus: Es geht um einen
"Europaminister", wie er in
einigen EU-Staaten existiert.
Dieser könnte die Europapolitik innerstaatlich sowie zwischen den Mitgliedsländern
koordinieren, hatte Fischler
kürzlich gemeint.
"Querschnittsmaterie"
Im Bundeskanzleramt heißt
es auf
Standard
-Anfrage hingegen, Europa sei eine "Querschnittsmaterie", von der alle
Ministerien betroffen seien.
Ein Europaminister mache die
EU nicht bürgernäher.
Die mangelnde Popularität
der Europäischen Union wird
zum Thema. Nationalratspräsident Heinz Fischer hat ab
Herbst eine große Europadebatte im Plenum des Nationalrates und "Europa-Fragestunden" mit der Regierungsspitze
gefordert. "Aus unserer Sicht
kein Problem", sagt Schüssel-Sprecherin Verena Nowotny.
Man begrüße alles, was dazu
diene, mehr Informationen
über Europa zu verbreiten.
Haider argumentiert in seinem speziellen Sinne
In seinem speziellen Sinne
sieht dies auch der Kärntner
Landeshauptmann Jörg Haider so. Er bekräftigte seine
Forderung nach einer "Mitbestimmung der Bevölkerung"
im Zusammenhang mit der
EU-Erweiterung, die nach der
Nationalratswahl 2003 stattfinden könnte. Wie berichtet,
ist man in der ÖVP gegen eine
Volksbefragung.
Streitenberger diplomatisch
Und was hält man in der
Vertretung der EU-Kommission in Österreich davon? Deren
Chef, Wolfgang Streitenberger, gibt sich zu den Fragen -
von der Volksbefragung bis
zum Europaminister - diplomatisch. Das sei alles nationalstaatlich zu klären. Ob die
EU hierzulande schlecht dastehe? Umfragen zufolge seien
die Österreicher mit ihrem
Wissen über die EU Spitze,
doch bei der Identifikation mit
Europa liege man weit hinten,
sagt Streitenberger. Er wechselt im November nach Brüssel in die Generaldirektion
Presse und Information. Die
mangelnde Popularität der EU
liege meist weniger an der Politik als am "Mobbing" der Bevölkerung, wo vom Supermarkt-Umbau bis zur Beiselschließung die EU als Ursache
allen Übels hingestellt werde.
EU ein "Krisenphänomen"
Europa werde oft nur als
"Krisenphänomen" wahrgenommen, etwa bei BSE, meint
auch die Politologin Sonja
Puntscher-Riekmann von der
Akademie der Wissenschaften. Europa als politisches
Konzept sei der Bevölkerung -
weder hier noch anderswo -
nicht entsprechend vermittelt
worden. Bei vermeintlich nationalen Interessen wie dem
Transit gerate Europa plötzlich ins Bewusstsein breiterer
Bevölkerungsschichten. In
Summe werde aber völlig verschleiert, wie viele nationale
Gesetze eigentlich europäische Gesetze seien. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 7.8.2001)