Edmonton/Alberta - Der frischgebackene 100-m-Weltmeister Maurice Greene wird bei den Leichtathletik-Welttitelkämpfen in Edmonton wie befürchtet nicht mehr an den Start gehen. Der US-Amerikaner, der im Finish seines Goldlaufs eine Zerrung im linken Oberschenkel erlitten hat, wird nicht nur im 200-m-Rennen, sondern definitiv auch in der 4x100-m-Staffel fehlen. "Er wird den Rest der WM nicht mehr laufen", sagte sein Coach John Smith am Montag. "Der Rest der Saison hängt in der Luft." Wie der neue so wird auch der frühere Weltmeister Ato Boldon im 200-m-Bewerb fehlen. Der 27-jährige Sprinter aus Trinidad, der im 100-m-Finale Vierter geworden war, holte sich vor vier Jahren in Athen den 200-m-WM-Titel. Ein IAAF-Offizieller gab am Montag bekannt, dass Boldon die Deadline zur Bestätigung seiner Teilnahme an den Vorläufen am Dienstag hatte verstreichen lassen. Drei Mal in Serie triumphiert Am Sonntag hatte der 27-jährige Olympiasieger im 100-m-Finale in Jahresweltbestzeit von 9,82 Sekunden triumphiert, der drittschnellsten Marke der Geschichte. Er holte damit zum dritten Mal in Serie WM-Gold. Hinter dem Weltrekordler sorgten Tim Montgomery (9,85) und Bernard Williams (9,94) für den bereits dritten WM-Dreifacherfolg der USA im Kurzsprint nach Helsinki 1983 und Tokio 1991. Nach Fehlstarts von Kim Collins (Saint Kitts & Nevis), Co-Favorit Ato Boldon (Trinidad) und Montgomery schoss "Kansas-Cannonball" Greene mit der weitaus besten Reaktionszeit - 0,132 Sekunden - aus den Blöcken und schien unaufhaltsam Richtung erfolgreicher Titelverteidigung zu rollen. Doch auf den letzten Metern verlor "Mr. PhenoMonon" deutlich an Schwung, biss aber noch einmal fest die Zähne zusammen und rettete sich vor dem heran stürmenden Montgomery, der bereits am Start zweieinhalb Hundertstel auf seinen Hauptkonkurrenten verloren hatte, als alter und neuer Weltmeister ins Ziel. "15 Meter vor der Linie habe ich zuerst einen Schmerz im Quadrizeps im linken Bein gespürt, wenig später dann einen weiter oben, ebenfalls im Oberschenkel. Aber ich habe mir gesagt, das wird mich nicht stoppen. Man hätte mich heute schon töten müssen, um mich aufzuhalten", erklärte Greene, warum er im Finish ins Trudeln gekommen war. "Am Ende habe ich natürlich gespürt, dass mir Tim im Nacken saß, doch ich hatte nie Angst zu verlieren. Auch habe ich überhaupt nicht an die Zeit gedacht, denn ich wollte hier nur gewinnen. Und ich danke Gott, dass ich es noch einmal geschafft habe." WM vorbei Die obligate Ehrenrunde im mit rund 20.000 Zuschauern nur halbvollen Commenwealth Stadium musste der große Triumphator humpelnd absolvieren, was seinem Glücksgefühl aber keinen Abbruch tat. "Ich bin die Nummer eins, für alle Zeiten!", jubelte Greene unmittelbar nach dem fünften WM-Titel seiner Karriere, mit dem er den Rekord von Lewis, der noch im alten Vierjahres-Rhythmus von 1983 bis 1991 drei Mal en suite 100-m-Champion geworden war, egalisierte, und untermauerte diese Aussage mit dem Nachsatz: "Ich spüre, dass ich noch einige Weltrekorde in mir habe." Dass seine 9,79 Sekunden nicht schon auf dem extra für die WM verlegten, extrem schnellen neuen "Super X Performance"-Belag von Mondo ausgelöscht wurden, lag nur an seinem linken Bein, in dem ihm schon vor der WM eine entzündete Kniesehne zu schaffen gemacht hatte. "Wenn ich dieses Problem nicht gehabt hätte, dann wäre ich hier 9,77 gelaufen - aber das ist nur Spekulation." Montgomery ist schwer enttäuscht Während der weiterhin in dieser Saison ungeschlagene Greene den Triumph am 51. Geburtstag seines Trainers John Smith voll auskostete, war aus dem Gesicht Montgomerys nichts als Enttäuschung abzulesen. "Der Fehlstart hat mich Gold gekostet", ärgerte sich der 26-Jährige, der im WM-Vorfeld neben seiner Bestzeit von 9,84, vor allem durch große Sprüche aufgefallen war. "Ich hatte ein Superfinish, aber der dazugehörige Start hat mir einfach gefehlt. Doch ich musste einfach riskieren, weil ich gewusst habe, dass ich einen Superstart brauche, um Maurice zu schlagen und mein Vorhaben, den Weltrekord zu brechen, in die Tat umzusetzen." Bronzemedaillengewinner Williams ging, obwohl er persönlichen Rekord erzielte, nicht nur nach dem, sondern auch im Rennen beinahe vollkommen unter. "Wir hatten zwei WM-Finali", scherzte der Staffel-Olympiasieger. "Maurice und Tim sind ihr eigenes Finale gelaufen, ich war dagegen im anderen Rennen." Und dieses Duell wird wohl schon unmittelbar nach Edmonton bei der WM-Revanche am 17. August in Zürich seine erste Fortsetzung finden, wie Montgomery ankündigte: "Ich werde Maurice weiter dicht auf den Fersen bleiben und alles daran setzen, dass er mich künftig nur mehr von hinten sieht." (APA) WM Ergebnis 100 m (-0,2 m/s) 1. Maurice Greene (USA) 9,82 Sekunden (JWBZ) 2. Tim Montgomery (USA) 9,85 3. Bernard Williams (USA) 9,94 4. Ato Boldon (TRI) 9,98 5. Dwain Chambers (GBR) 9,99 6. Kim Collins (SKN) 10,07 7. Christian Malcolm (GBR) 10,11 8. Abdul Aziz Zakari (GHA) 10,24