Wien - Die seit Anfang August geltenden Öffnungszeiten der insolventen Buch- und Medienkette Libro stoßen offenbar weder bei den Kunden noch bei der Belegschaft auf besonderes Wohlwollen. Dem Vernehmen nach haben "mindestens 100 Mitarbeiter" aus Frust über das Aufsperren der Filialen um 7.35 Uhr gekündigt. Ein Libro-Manager, der nicht genannt werden wollte, schätzt die Zahl gar auf 150.

Betriebsrat Werner Kratochwil war dazu kein Kommentar zu entlocken, das sei so mit dem Vorstand vereinbart worden. Libro-Vorstand Gerhard Maierhofer hatte schon die in der Vorwoche genannte Kündigungsziffer von 50 Mitarbeitern als "nicht nachvollziehbar" bezeichnet. Nachvollziehbar sei hingegen, berichten Libro-Insider, dass die Kundenakzeptanz für neue Öffnungszeiten "mitten im Sommerloch" eine relativ geringe ist - auch wenn das Schulgeschäft heuer früher anlaufe.

"Schlicht ein Hohn"

Zwar müssten sich die neuen Öffnungszeiten sicher erst herumsprechen, und die Daten der ersten Tage seien wahrscheinlich noch nicht repräsentativ. Aber: Ein Gesamtumsatz über alle Libro-Filialen zwischen 7.35 Uhr und 8.00 Uhr von "deutlich unter 300 Schilling" sei wohl ein "Hohn". Einer der vielen kolportierten Gründe: Manche Filialen hätten aus schlichtem Mitarbeitermangel nicht aufsperren können.

Vorstand Maierhofer, der aus dem Billa-Konzern zu Libro gewechselt ist, hatte zuvor betont, dass man der Kundschaft mit kundenfreundlicheren Öffnungszeiten entgegenkommen müsse, um das oberste Ziel - den Libro-Ausgleich - realisieren zu können. Maierhofers Vorgangsweise stößt immer größeren Teilen der Belegschaft sauer auf. Vor allem sein "persönlicher Beitrag" zur Realisierung des Ausgleichs in Form seiner "Dienstwagen-Geschichte" macht die Runde. Für den Dienstwagen von Ex-Libro-Chef André Rettberg, ein Audi A8, habe Porsche Leasing angeblich 700.000 S gezahlt. Das Auto wurde nicht verkauft. Gerhard Maierhofer benutze den Wagen, während "überall im Unternehmen wahnsinnig gespart wird", erzählt ein Mitarbeiter. Momentan versucht das Unternehmen mit einer millionenschweren Werbekampagne neu durchzustarten. (MB, DerStandard, Printausgabe, 6.7.2001)