Der sommerliche Termin ist kein Zufall. Es ist Tourismus-Hauptsaison, und Touristen waren und sind es, die seit dem frühen 19. Jahrhundert an der weltweiten Verbreitung von gefälschten Antiken unfreiwillig, aber umso fleißiger mitwirken.
Die Bestände des Wiener Papyrusmuseums in der ÖNB, größtenteils schon mehr als 100 Jahre im Haus, weisen eindrucksvolle Beispiele dafür auf, was mehr oder weniger gefinkelte Händler arglosen Reisenden als angebliche altägyptische Schriftzeugnisse oder wunderbar bunte koptische Textilien, die in Wahrheit "Fleckerlteppiche" aus Fragmenten sind, angedreht haben.
Die weniger gefinkelten Händler begriffen zwar, dass die bei den damaligen Grabungen zutage geförderten großen Mengen unbeschrifteter Papyrusreste in diesem Zustand nicht gut vermarktbar waren, bei der deshalb vorgenommenen nachträglichen Beschriftung mit ägyptischen Hieroglyphen verließen sie sich aber auf ihre Fantasie. Einem momentanen Staunen der Forscher, die solche Zeugnisse im 20. Jahrhundert unter die Lupe nahmen, folgte daher alsbald ein müdes Lächeln. Plumpe Fälschung.
Da war Konstantinos Simonides schon gerissener. "Der Konrad Kujau seiner Zeit" (Ausstellungsmitgestalter Gastgeber) setzte im 19. Jahr-hundert nahezu systematisch dazu an, die Überlieferungslücken im Bereich der altgriechischen Literatur zu füllen. Und das so raffiniert, dass bis heute nur ausgefeilte Sprach-und Inhaltsanalysen die um zwei Jahrtausende verspätete Herkunft der Texte beweisen können.
Falsches Evangelium
Dass auch solche Analysen nicht immer ausreichen, zeigt sich am Wiener "Faijum-Fragment". 4,3 mal 3,5 cm groß, umfasst es gerade sechs Zeilen, in denen Jesus den Verrat des Petrus voraussagt, unter bemerkenswerter Berufung auf das alttestamentarische Zitat: "Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe werden zerstreut werden." Ob hier ein frühchristlicher Autor ein kanonisches Evangelium nur frei ergänzt hat, oder ob nicht doch das echte Fragment eines nicht kanonischen weiteren Evangeliums vorliegt, ist bis heute umstritten.
Ob gefälschte mittelalterliche Siegel, mit denen sich an gebliche kaiserliche Schenkungen beliebig beglaubigen ließen, ob ganze Urkunden finsterer Habgier und Machtpolitik, an denen die eifrig archivierenden Klöster bis heute reicher sein sollen als die Nationalbibliothek - die Ausstellung vermittelt ein nettes Bild unserer so genannten Kulturgeschichte.