Berlin - Die Bewertung der
Proteste von Globalisierungsgegnern hat zu einem Zerwürfnis der Ikonen der 68er-Bewegung, Daniel Cohn-Bendit und Joschka Fischer, geführt. In ungewöhnlich scharfer Form kritisierte Cohn-Bendit seinen langjährigen
Weggefährten wegen dessen
gravitätischer Äußerungen.
Der deutsche Außenminister
hatte mit Bezug auf die eigene
Biografie erklärt, es sei ein
furchtbarer Fehler, die Machtfrage zu stellen, indem man
Gewalt enttabuisiere.
Cohn-Bendit rügte Fischer
öffentlich in der Frankfurter
Rundschau: "Ich finde, wir
sollten als Herrschende - und
das sind wir nun mal, wenn
wir Außenminister sind -
nicht so blöd daherreden wie
die damaligen Herrschenden."
Es wäre fatal, "wenn die Demonstranten uns heute wahrnehmen wie wir früher die
Regierungen", warnte der Europaabgeordnete. "Man muss
aufpassen, dass man nicht so
tut, als ob man nicht verstehen könnte, dass es junge Menschen gibt, die nicht so rational und abgeklärt sind, wie
wir es heute sein wollen." Es
müsse stärker auf die Kritik
der Globalisierungsgegner
eingegangen werden. Insbesondere die deutschen Grünen hätten "die Bewegung
links liegen lassen".
Cohn-Bendit ging auch mit
dem deutschen Innenminister
Otto Schily, der früher Anwalt
von RAF-Terroristen und vor
seinem Wechsel zur SPD Mitglied der Grünen war, scharf
ins Gericht. Er warf Schily
"Altersamnesie" vor, wenn
dieser nicht mehr wisse, "dass
es auch im Rechtsstaat eine
Polizei geben kann, die sich
verselbstständigt".
Bereits im Jänner klang bei
Cohn-Bendit Enttäuschung
über die Art durch, wie Fischer seine Straßenkämpferzeit verteidigte: "Er kann nicht
der alte Joschka Fischer sein
und gleichzeitig den Außenminister spielen. Aber er hat
sich für den Außenminister
entschieden." (afs/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3. August 2001)