„Böser Blick“ heißt das aktuelle Tuning-Must im Jargon der Eingeweihten. Der Name ist Programm. Die effektvolle Scheinwerferblende hilft dem geglätteten Serienfahrzeugantlitz aus der Masse auszubrechen und verleiht Fahrer und Gefährt die Aura des souveränen Mysteriums. Damit wäre eigentlich schon alles gesagt. Fast alles. Der Grund für das inflationäre Auftreten des „Bösen Blicks“ liegt auf der Hand. Wer unter den heutigen Seriengesichtern keinen gefälligen Ausdruck findet, sucht sein Glück in den weitläufigen Hallen von Forstinger und PS-Markt. Die gesamte Tuning-Industrie lebt von dieser reglementierten Individualisierung. "Noch immer kein böser Blick" Der „Böse Blick“ ist momentan der Verkaufsschlager, das Ding wird im Internet regelrecht herbeigefleht („Noch immer kein böser Blick von Mattig für Mitsubishi CJ0!“) oder abgefeiert („Schöner ‚Böser Blick’, so wie er sein soll“). "Böser Blick" garantiert Freiheit Das ist die eine Wahrheit, für die Begründung der anderen muss vorerst die Philosophie, namentlich Rüdiger Safranski, als Stichwortgeber dienen. „Das Böse gehört zum Drama der menschlichen Freiheit. Das Böse ist der Preis der Freiheit.“ Für den Automobilisten ist der Preis für die Freiheit böse zu sein ein geringer. Ab 500 Schilling aufwärts ist der „Böse Blick“ im Fachhandel wohlfeil. Der wahre Grund für den Boom des Teils ist jedoch schlicht die Befreiung von kommunikativer Last. "Böser Blick" rettet Leben Durch eine Verengung des Blicks verhilft die Scheinwerferblende zu einem Gesichtsausdruck, den Clint Eastwood und Jack Palance in ihren Revolver-Epen perfektioniert haben. Angesichts der Bedrohung werden Augen zu schmalen Schlitzen, die Grundvoraussetzung für schärfere Sicht und blendfreies Zielen. Nur so kann der Gegner unauffällig taxiert werden - Die Verengung des Blickes auf das Wesentliche garantiert das Überleben. "Böser Blick" macht schön Der „Böse Blick“ des Gefährts steht somit stellvertretend für den Wunsch des Fahrers nach permanentem Überblick (!), den das Blechkleid auf Dauer konservieren kann. Anders das Gesicht des Fahrers: Hier würden sich aufgrund der Beanspruchung der Lider und Mundwinkel eine wenig aparte Faltenbildung einstellen. Das muss nicht sein. Der „Böse Blick“ befreit den Fahrer von der Last des Verkniffen-hinter-dem-Lenkrad-hervor-Spähens, bewahrt das jugendlich-vitale Aussehen und schafft schließlich die Freiheit, den x-ten Rechtsüberholer milde lächelnd mit Ignoranz zu strafen.