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Istanbul - In Europa werden nach Schätzungen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) jährlich zwischen 700.000 und zwei Millionen Frauen und Kinder zu Opfern des modernen SklavInnenhandels. Die meisten von ihnen werden sexuell ausgebeutet. Die ukrainischen Behörden gehen davon aus, dass zur Zeit mehr als 100.000 Frauen allein aus der Ukraine als Prostituierte in Westeuropa arbeiten müssen, vor allem in Frankreich und Deutschland. An zweiter Stelle als Herkunftsland folgt Moldawien, wo der Lebensstandard besonders niedrig ist. Diese Zahlen, die bei einem Hearing des Europarats von ExpertInnen verschiedener internationaler Organisationen genannt worden waren, nahm der Ausschuss für Chancengleichheit der Straßburger Menschenrechtsorganisation zum Anlass, eine Initiative zur Bekämpfung des organisierten internationalen Handels mit Frauen zu ergreifen. Bei Beratungen Ende Mai in Istanbul wurde ein Text verabschiedet, in dem die Einsetzung eines nationalen Berichterstatters in jedem europäischen Land verlangt wird. Außerdem soll eine Datenbank aufgebaut werden, in der die Ursprünge und die Mechanismen des Handels und die Methoden der Menschenschmuggler gespeichert werden, insbesondere die Rekrutierungsmethoden. Wenig Details bekannt Denn obwohl bekannt ist, dass die Haupthandelsroute über den Balkan nach Westeuropa führt, weiss man wenig Details, da die Menschenhändler die Routen und Vorgehensweisen ständig ändern, obwohl die Polizei zumindest in der Ukraine und in Albanien nichts gegen sie unternimmt. Um dieses Handelsnetz zu zerreißen, sollen spezielle Polizeidienste zur Bekämpfung von Frauenhandel und Zwangsprostitution in jedem Mitgliedsland geschaffen werden, die bei den Ermittlungen wiederum eng mit Interpol und Europol zusammenarbeiten sollen. Insbesondere in Osteuropa werden immer mehr Frauen durch Armut und Arbeitslosigkeit in die Fänge der Menschenhändler und zur Prostitution getrieben. Zunächst mit Aussicht auf einen lukrativen Job im Westen geködert, würden sie bald vergewaltigt und zur Prostitution abgerichtet. Bei Auktionen, wo vor allem blonde Frauen gefragt seien, würden durchschnittlich 5000 Dollar pro Person gezahlt, die beim "Einkauf" in Moldawien 150 Dollar kosteten, hatte der italienische Priester Cesare Loserto berichtet. Kinder werden verkauft Die Frauen, die dann monatlich 25.000 Dollar erwirtschaften müssten, würden im Verlauf ihres Arbeitslebens nicht selten mehr als zehn Mal gewinnbringend weiter verkauft. Um die Einreise nach Westeuropa zu erleichtern, werden die Frauen oftmals geschwängert. Die Kinder werden den Müttern nach der Geburt weggenommen und ebenfalls verkauft. Dieses lukrative Geschäft bringt den Menschenhändlern, an deren Spitze vor allem Russen und Türken stehen, allein in Europa Gewinne zwischen sieben und 13 Milliarden Dollar im Jahr. Die Schweizer Abgeordnete Ruth-Gaby-Mangold forderte europaweit einen ausreichenden Rechtsschutz für Frauen, die aussteigen und Anzeige gegen ihre Peiniger erstatten wollen. Notwendig sei ferner ein Hilfsprogramm für die betroffenen Frauen einschließlich einer psychotherapeutischen Betreuung. Eine entsprechende Gesetzgebung gebe es auf diesem Gebiet bisher nur in Italien und Belgien. Dort erhalten die Betroffenen ein Bleiberecht und finanzielle Hilfe, bis die Ermittlungen gegen ihre Ausbeuter abgeschlossen sind. In der Schweiz möchte die sozialistische Nationalrätin in einem Schutzprogramm zusätzlich auch die Möglichkeit eines Identitätswechsels erreichen, um die Frauen vor späteren Verfolgungen durch ihre früheren "Besitzer" zu schützen. In allen anderen Ländern können die Sexsklavinnen kaum auf Schutz durch die örtlichen Behörden rechnen. Nicht ihre Peiniger sitzen im Gefängnis, sondern sie selbst landen meist als Opfer in der Abschiebehaft. In ihren Heimatländern sind sie dann den Nachstellungen bis hin zu brutalen Bestrafungen durch die Menschenhändlerringe ausgesetzt, die ja noch immer ihre Papiere besitzen. Unter diesen Voraussetzungen haben Initiativen der Einzelstaaten, gegen den SklavInnenhandel vorzugehen, wenig Erfolg. Lediglich Schweden, wo seit einiger Zeit die Nachfrage nach Prostitution unter Strafe seht, wird seitdem von den Menschenhändlerringen weitgehend gemieden. (APA)