STANDARD: Sie waren, früher langjähriger Generalintendant, einer der "Weisen", die Grundlagen zum neuen ORF-Gesetz ausarbeiteten. Die so nachdrücklich geforderte Verpflichtung des ORF zu Anspruchsvollem im Hauptabend wurde mit einem "in der Regel" abgeschwächt. Bacher: Das ist genauso judizierbar. Es besagt, es darf nur Ausnahmen geben - dagegen kann kein vernünftiger Mensch etwas haben. STANDARD: Die meisten Kommentatoren sehen das als Verwässerung, weil man dem ORF nur vorschreibt, was er ohnehin schon tut. Bacher: Das sehe ich nicht so. Der ORF behauptet, er tut das ohnehin schon. Gleichzeitig behauptet er, dass er durch diese Klausel eine Milliarde weniger verdient. Wenn er das eh schon hat, warum dann die Milliarde? STANDARD: Was daran stimmt nicht? Bacher: Meine Theorie lautet, er tut es teilweise. Es ist aber nicht jedes Magazin eine anspruchsvolle Sendung. Und "Universum" kann man nicht zur Generalausrede erheben. STANDARD: Sie erwarten also mehr Öffentlich-Rechtliches trotz des "in der Regel"? Bacher: Gar keine Frage. Programmauftrag und -grundsätze enthalten viele Regeln, die das öffentlich-rechtliche Profil schärfen sollen. Natürlich gilt wie bei jedem anderen Gesetz: Man muss sich auch daran halten. STANDARD: Gibt es also nichts, was Sie an der Regierungsvorlage stört? Bacher: Das Gesetz ist ausgezeichnet. Debattiert wurde aber nur über die Nebensächlichkeiten. Hauptsächlichkeit ist ein Stiftungsrat, in dem keine Parteipolitiker mehr sitzen - aber Leute mit politischer Gesinnung, die wollen wir ja nicht abschaffen. Zweitens dadurch geschaffene Unabhängigkeit, drittens Rückkehr zum Weisungsrecht des Generalintendanten, viertens schärferes öffentlich-rechtliches Profil, fünftens Genehmigungspflicht für Verträge mit Printmedien, sechstens Beschränkung der Zeitungswerbung im ORF. Wenn das nichts ist . . . STANDARD: Dem ORF ist es viel zu viel. Bacher: Generalintendant Gerhard Weis hat über lauter Sachen gejammert, die ihm nie jemand nehmen wollte. STANDARD: In den vergangenen Wochen hat die FPÖ Entschärfungen wie das "in der Regel" verlangt. Freuen Sie sich nicht zu früh - erst im Juli wird das Gesetz verabschiedet? Bacher: Es ist auch in einer Koalition normal, dass zwei verschiedene Parteien verschiedene Ansichten haben. In der großen Koalition hat man diese Themen dann weggelegt, jetzt streitet man sich zusammen. Ich glaube, die außerordentlich gründlichen Verhandlungen bis vor dem Ministerrat haben alles klar gemacht. STANDARD: Einig ist man, dass Belangsendungen abgeschafft werden. Könnte man nicht gleich auch die ähnlich verzichtbaren Sendungen der Landeshauptleute abschaffen? Bacher: Da teile ich Ihre Meinung. (DER STANDARD, 31.5.2001)