Wien - Aus den bisher vorliegenden Beiträgen zur Europa-Zukunftsdiskussion ergebe sich "ein Muster", aus dem die wesentlichen Fragen zur künftigen Gestalt Europas abgeleitet werden könnten, erklärte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel weiter bei der Europa-Diskussion in der Wiener Hofburg. Die entscheidenden Fragen seien erstens die Frage der Inhalte - Was soll in Europa geregelt werden und was nicht? -, zweitens die Frage der Institutionen - Wer soll was in Europa regeln? -, drittens die Frage des rechtlichen Rahmens - Soll es eine europäische Verfassung bzw. eine Grundrechts-Charta geben? - und viertens die Frage der Organisation der Arbeit auf EU-Ebene. Schüssel plädierte für mehr "kreative Ideen", "wie man den Begriff Heimat Europa stärker sichtbar machen kann". Bei der Frage der Inhalte gebe es einen weitgehenden Konsens, dass es mehr Europa in der Außenpolitik, bei der gemeinsamen Währung, bei der Koordination der Standpunkte in der Welthandelsorganisation, aber auch in der Verteidigungspolitik geben solle, bei der es um die Herausbildung einer "gemeinsamen Identität" gehe, sagte Schüssel laut ÖVP-Pressedienst. Hinsichtlich der Verteidigung sei die Frage, ob das auch zu einer "vollen Identität" inklusive einer gemeinsamen Beistandsverpflichtung führen könne. Für sich beantwortete der Kanzler diese Frage mit "Ja"; damit sei nicht notwendigerweise eine Mitgliedschaft in einer anderen transatlantischen Sicherheitsorganisation verbunden. Trennung der Säulen des EU-Vertrages? Es stelle sich auch die Frage, so Schüssel weiter, ob und wie weit die Säulen des EU-Vertrages getrennt bleiben sollen. Wenn man langfristig "eine Harmonisierung" wolle, könnte damit der Vorteil einer einheitlichen Außenwirkung der Union verbunden werden, erklärte der Bundeskanzler. Er wies auf die diesbezüglich bestehende Parallelität in der Union hin. Ein "wichtiges Thema für ihn" sei auch mehr Europa, wenn es um Quersschnitts-Ansprüche in der Umweltpolitik gehe. Ebenso müsse die Frage des EGKS-Vertrages geklärt werden, der 2002 nach 50-jähriger Geltung auslaufen werde. Mit einer allfälligen Integration des EGKS-Vertrages in den EG-Vertrag könne auch die Frage der Integration des EURATOM-Vertrages gestellt werden. Der geltende EURATOM-Vetrag sei "nicht das Gelbe vom Ei", unmodern formuliert, diene ausschließlich der Förderung der Atompolitik und weise demokratiepolitische Defizite auf, da eine entsprechende Mitsprache des Europäischen Parlaments fehle und "undemokratische Strukturen" gegeben seien. Eine grundsätzliche Neuordnung biete "die Chance einer völligen Neudefinition der Inhalte" des EURATOM-Vertrages und der Entwicklung "europäischer Sicherheitsstandards" im AKW-Bereich, schloss Schüssel.(APA)