Im Stedelijk Museum in Amsterdam haben heuer im Frühjahr rund 80.000 Leute Dennis Hoppers Ausstellung A Keen Eye besucht. Im Wiener Museum für angewandte Kunst (MAK) nennt Hopper seine Retrospektive jetzt A System of Moments. Da ist aber auch der ganze Hopper zu sehen. Der Künstler und der Schauspieler. Da laufen Easy Rider , The Last Movie und Out of the Blue in voller Länge - inmitten seiner Fotos derer, die später berühmt werden sollten, umgeben von frühen Fotoassemblagen, den Versuchen in expressiver Malerei aus den 80er-Jahren, eingepackt in die Farbfotozyklen, mit denen Hopper seine zweite Karriere als Künstler von Japan aus startete. Eingestreut finden sich Objekte und Ready-mades, Zitate der Kunst - wie auch seiner eigenen Geschichte. Wenn Hopper Duchamps Flaschentrockner vergoldet, huldigt er einem seiner Säulenheiligen. Wenn er monumentale Figuren, wie den Mobil-Man oder Man from La Salsa aufstellt, anerkennt er die "die Rückkehr der Kunst zum realen Leben", die Leute wie Warhol, Rauschenberg oder Ed Kienholtz eingeleitet haben. Allesamt Künstler, denen er begegnet ist und die ihn schon in den 60ern angeregt haben, ebenfalls Pop-Art zu machen:

Mobil-Schilder mitgehen lassen, Objekte finden und in Kombinationen ausstellen, Billboards zitieren. Und Pop und Duchamp zum Trotz ließ ihn der Abstrakte Expressionismus nicht los. "Momente eben, die nicht zusammenhängen, und irgendwie doch. Oder auch wieder nicht." Augenblicke, die vielleicht jetzt, beim aktuellen Stand seines Lebens, einen Sinn, ein System ergeben. Hopper rekapituliert, nennt seine Show Invitation to the Void, Einladung in die Leere, die er dabei ist, wieder zu füllen.

"Und dann" - nach dem legendären Drogentrip The Last American Movie (1971) - "durfte ich in Hollywood keine Filme mehr machen, und in dieses Loch hinein habe ich gemalt, fotografiert, habe versucht, irgendetwas Kreatives zu machen, um meine Angst loszuwerden, meine persönliche Scheiße abzulegen".

Und immer noch sei es schwer, ernst genommen zu werden: "Es ist nicht Dennis Hopper - die nennen mich Legende, weil ich kein Star bin, und trotzdem bekannt - der es schwer hat, ernst genommen zu werden. Es ist der Beruf. Wenn du ein junger Schauspieler bist, und du hast eine Verabredung mit einer Frau, und du erzählst ihr, wie sehr du sie magst, wie schön sie ist und so weiter, dann sagt die garantiert ,Ach, du spielst doch nur, bist nicht ehrlich.'

Und wenn du nie auf einer Universität warst, dann führt kein Weg zu einer Ausstellung. Ohne Leumundszeugnis ist man ein Schwindler. Bis die ersten Schauspieler begonnen haben, richtig Geld zu verdienen, waren die doch nur Trash, Gipsys, die am Set mit den Beleuchtern im Wohnwagen schliefen. Leute, die ihre Emotionen in der Öffentlichkeit zeigen, sind immer fragwürdig. Und der Kunstmarkt, das ist eine kleine, bunte Gruppe von Leuten, die sich wie junge Mädchen mit Schauspielern benehmen."

Die frühen Fotos, American Shootings , haben schließlich geholfen, ihn ein bisschen glaubwürdiger zu machen. Weil die Porträtierten eben berühmt wurden, wie James Dean oder Andy Warhol. Und da mochten die Leute auch die Bilder gleich lieber. Widersprüche Es ist anzunehmen, dass die 80.000 in Amsterdam auch Hoppers Bad-Boy-Image ins Stedelijk getrieben hat. In Wien wird das ähnlich sein. Und darum hat man erst gar nicht versucht, die verschiedenen Hoppers voneinander zu trennen. Es ergäbe keinen Sinn. Genauso wenig, wie man Hoppers beide Leben - "das vor und das nach Easy Rider " - trennen könnte. Das Werk ist die Biografie. Da in Hoppers Leben doch viel passiert ist, muss auch die Ausstellung üppig sein, widersprüchlich, eine Anhäufung. Nur dann geht das System auf, nur dann ergibt sich ein Zusammenhang, der letztlich die Frage, was von all dem wann wie zeitgemäß war, der Nichtigkeit überführt. "Das bin ich" ist die Botschaft. Und "ich bin eine ganze Menge an Personen". Wer will, soll sich darauf einlassen, soll sich aus den Fragmenten seine Erzählung zusammenstellen. Lustvoll ist das allemal. Und nur weil es heute heißt "fuck painting", bedeutet das nicht, dass morgen nicht wieder der Tag zum Malen ist. Oder: Man kann jetzt über Film reden oder über Kunst, über Mozart oder El Greco und trotzdem immer dasselbe sagen. Und weil heute der Tag ist oder es sich eben gerade so ergibt, beginnt ein Monolog mit Kunst und endet tief im Film: "Hast du meinen Mann mit den Salsa-Soße gesehen? Die Mexikaner kommen, eure Grenzen sind nicht mehr länger sicher, die kommen von weit her, die haben deswegen länger gebraucht als die Türken . . ."

"Gestern besuchte ich einen Mozart-Abend in Wien, es war unglaublich, die Musiker trugen alle Kostüme . . ."

"Nach der Schau hier werde ich wieder Filme machen, meinen eigentlichen Job, weil ich ja von meiner Kunst nicht leben kann. Ich habe großen Respekt vor denen, die das können. Sollte ich sie, anstatt Filme zu machen, vielleicht fragen, wie das geht?"

"Ich drehe eine Art Jules et Jim im Mafiamilieu . . . Gerade wollten ja die Autoren streiken, das hat sich aber beruhigt. Es ging um angegriffene Egos. Weil die meisten Regisseure die Autoren vom Set jagen. Ich schmeiß' die auch immer raus. Die betreiben nur Wortklauberei. Das ist unproduktiv . . ."

"Die Tatsache, dass diese Ausstellung passiert ist, ist ein Wunder für mich."