Leipzig - Der Bildhauer und Dramatiker Ernst Barlach (1870- 1938), der den Nazis als "entartet" galt und dessen Schaffen noch in der frühen DDR eine heftige kulturpolitische Debatte auslöste, hat längst die "durchschlagende Wirkungslosigkeit" eines Klassikers erreicht, wie in Bezug auf Brecht einmal formuliert worden ist. Die Skulpturen des Künstlers erzielen in Auktionen gewöhnlich achtbare Preise, seine Graphik ist in bestimmten Sammlerkreisen nach wie vor gefragt. Aber seine Stücke werden kaum gespielt. Im Leipziger Verlag E.A.Seemann, in dem seit 1999 die kritische Barlach-Ausgabe erscheint, ist nun nach den Dramen der erste Band des bildnerischen Werks herausgekommen, der die Druckgraphik umfasst. Mit der Neuerscheinung wird der 1958 von Friedrich Schult vorgelegte Band "Das graphische Werk" abgelöst und ein auf den neuesten Stand gebrachtes Grundlagenwerk präsentiert, das künftig für Museen, Kunsthandel und Sammler ein unerlässliches Hilfsmittel darstellen wird. "Schwer geblutet" an Lithografie und Holzschnitt Erst nach 1900 begann der Künstler mit ersten zaghaften Versuchen, die Drucktechniken für sich zu entdecken. Die frühen lithographischen Arbeiten waren noch ganz dem herrschenden Jugendstil verpflichtet und lassen nicht ahnen, welche enorme Bedeutung der Steindruck und später der Holzschnitt für sein bildkünstlerischen Schaffen haben sollten. Als Barlach dann zu seinem Drama "Der tote Tag" von 1912 eine Reihe von Lithographien schuf, hatte er bereits jenen typischen Stil erreicht, der ihm innerhalb des Expressionismus eine herausragende Position sicherte. Die vereinfachte und blockhafte Darstellung blieb kennzeichnend für die Druckgraphiken des Künstlers, und mit seinen rund 300 Arbeiten in diesem Bereich hat er einen wesentlichen Beitrag zur deutschen Buchkunst zwischen 1912 und 1932 geleistet. Wie wichtig ihm diese Arbeit von Anfang an war, machen Zitate aus der Frühzeit der Beschäftigung mit Lithographie und Holzschnitt deutlich, als Barlach in Briefen davon spricht, dass er an diesen Bildern "schwer geblutet", fast jedes "aus einem Abgrund heraufgezerrt" habe und der ganze bildnerische Bereich ihm eine "Herzensangelegenheit höchsten Grades" sei. (dpa)