Wien/Berlin - Deutschland wrd seine Tätigkeit in der
internationalen Temelin-Kommission einstellen. Das kündigte am
Freitag Umweltminister Jürgen Trittin an. Er äußerte Befremden über
die Darstellung der tschechischen Regierung, dass die Kommission
unter Mitwirkung deutscher Experten die Unbedenklichkeit des
Atomreaktors festgestellt habe. Trittin betont, dass das
abschließende Ergebnis der Expertenkommission noch nicht vorliege.
"Für Ergebnisse, die noch nicht vorliegen, und die wir nicht teilen,
möchten wir nicht in Anspruch genommen werden", unterstrich Trittin.
Durch den bisherigen Beobachterstatus deutscher Experten dürfe nicht
der Eindruck einer deutschen Mitverantwortung für die Ergebnisse der
Kommission entstehen.
Das tschechische Verfahren zur Prüfung der Umweltverträglichkeit
Temelins sei mit "erheblichen Mängeln belastet", fügt Trittin hinzu.
Der kurze Zeitraum erlaube auch keine Prüfung nach den geltenden EU-
Regeln. "Sollte die tschechische Regierung trotz der Pannenserie an
Temelin festhalten, so muss mindestens eine
Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden, die insbesondere
hinsichtlich der grenzüberschreitenden Verfahrensbeteiligung den in
der EU geltenden Anforderungen in jeder Hinsicht genügt."
Greenpeace lobt Trittin
Trittin forderte die tschechische Regierung überdies auf, den
Weiterbau des AKW wegen der jüngsten Pannenserie "einer erneuten
grundsätzlichen Prüfung zu unterziehen". Die während des
Probebetriebs zu Tage getretenen "ungewöhnlich zahlreichen und
gravierenden Probleme" bestätigten die Zweifel an der Sicherheit des
AKW, schreibt der Grün-Politiker Trittin nach Angaben des deutschen
Umweltministeriums in einem Brief an den tschechischen Außenminister
Jan Kavan.
Lob über den Deutschen Rückzug kam von der Umweltschutzorganisation Greenpeace. "Die tschechische Regierung muss jetzt endlich verstehen, dass sie die Sorgen und Ängste der Österreicher nicht länger mit einer Alibi-Umweltverträglichkeitsprüfung beruhigen kann", erklärte der Pressesprecher von Greenpeace, Franko Petri, am Freitag in einer Aussendung.
Umweltminister Wilhelm Molterer (V) sollte diese Chance nützen und gemeinsam mit seinem deutschen Kollegen Ausstiegsszenarien entwickeln, die den Weg für einen EU-Beitritt der tschechischen Republik ohne Temelin ebnen, sagte Petri. (APA/red)