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Electricite de France Vorsitzender Francois Roussely

AFP/PHILIPPE DESMAZES
Paris/Rom - Der scheinbar maßlose Appetit des französischen Stromriesen Electricité de France (EdF) sorgt bei den europäischen Nachbarn schon seit längerem für Ärger. Für die Regierung in Rom war das Maß jetzt voll: Per Dekret wurde den Franzosen das Stimmrecht beim Mischkonzern Montedison beschnitten, bei dem sich EDF klammheimlich 20 Prozent der Anteile gesichert und zum Mehrheitsaktionär gemausert hatte. Die Italiener wollen verhindern, dass sich der französische Stromgigant ungehindert auf ihrem Markt breitmacht. Seit Jahren beklagen die europäischen Konkurrenten unlauteren Wettbewerb: Während der staatliche EdF-Konzern überall auf Einkaufstour geht, profitiert er daheim mit Billigung der Regierung von einem Quasi-Monopol. EdF sei "ein Spieler mit gezinkten Karten", sagte der italienische Finanzminister Vincenzo Visco verärgert. EDF: "Kein Beute-Charakter" Nun soll das Spiel in Italien vorerst ohne EdF stattfinden; geschützt werden soll vor allem der zur Privatisierung anstehende Energieversorger Enel. EdF beteuerte am Freitag erneut, bei Montedison handle es sich um eine simple "finanztechnische Beteiligung" ohne jeden "Beute-Charakter". Aber das konnte die Bedenken der Römer nicht zerstreuen: Auf zwei Prozent beschnitten sie das EdF-Stimmrecht bei strategischen Montedison-Entscheidungen auf dem italienischen Strommarkt. Damit schufen sie eine Art Präzedenzfall. Laut der italienischen Nachrichtenagentur Radiocor will EdF nun auf EU-Ebene rechtlich gegen Rom vorgehen. Denn eigentlich hat sich der größte Stromkonzern der Welt nichts zu Schulden kommen lassen. Frankreich befolgt buchstabengetreu die EU-Richtlinie, die eine Öffnung von 30 Prozent des heimischen Strommarktes für die Konkurrenz vorschreibt. Zwar tue Frankreich damit nicht mehr als das "strikte Minimum", aber das sei sein gutes Recht, erklärte die EU-Kommission. Die anderen EU-Länder sollten dafür sorgen, dass die Liberalisierung des EU-Energiemarktes schneller vorankommt. Seit dem EU-Gipfel im März in Stockholm rückte dieses Ziel erst einmal in die Ferne: Unterstützt von Deutschland setzte Frankreich durch, dass keine konkreten Daten für die Liberalisierung der Energiemärkte vorgegeben werden. Dass Paris seinen heimischen Anbieter so weit es geht schützt und eine Privatisierung von EdF "nicht auf der Tagesordnung" steht, wie es EdF-Chef Francois Roussely vor kurzem formulierte, dürfte also weiter für Ärger sorgen. (APA)