Paris - Eine heftige Polemik hat in Frankreich das von 30 sozialistischen Parlamentariern beantragte Amtsenthebungsverfahren gegen den französischen Präsidenten Jacques Chirac (RPR) ausgelöst. Chirac steht unter Korruptionsverdacht. Die Rechtsparteien vermuten, dass sich hinter der Initiative des Abgeordneten der regierenden sozialistischen Partei (PS) eine Offensive von Premierminister Lionel Jospin (PS) verbirgt, der bei den Präsidentenwahlen im kommenden Frühjahr voraussichtlich gegen Chirac antreten wird. Die Offensive gegen Chirac erfolge gerade zu einem Zeitpunkt, da der Präsidentschaftswahlkampf beginne und sich der Amtsinhaber großer Popularität erfreue, Lionel Jospin sei hingegen geschwächt, sagte Francois Leotard von den Zentrumsliberalen (UDF). Er warf dem Premierminister ein "Doppelspiel" vor. Patrick Devedjian von Chiracs RPR sagte, er sei überzeugt, dass der Antrag des sozialistischen Abgeordneten Arnaud Montebourg von der Parteispitze angeordnet worden sei. Der Fraktionschef der RPR, Jean-Louis Debre, warf der Linken vor, sie wolle Chirac ein "unheimliches Image" geben. Auch Claude Goasguen von den Liberaldemokraten (DL) ist überzeugt, dass diese Initiative "vorsorglich inszeniert" wurde. Der Fraktionssprecher der Sozialisten in der französischen Nationalversammlung, Jean-Marc Ayrault, wies diese Vorwürfe zurück: "Von uns wird diese Initiative weder unterstützt noch gut geheißen." Man habe dies Arnaud Montebourg, der als "Enfant terrible" der französischen Linken gilt, klar gesagt, betonte Ayrault. Die 30 Abgeordneten wollen mit ihrer Resolution eine Anklage Chiracs wegen Bestechungsvorwürfen während seiner Amtszeit als Bürgermeister von Paris erreichen. Er soll in den 80-er und 90-er Jahren zahlreiche illegale Parteispenden entgegen genommen haben. Um überhaupt auf die Tagesordnung des Parlaments gesetzt zu werden, muss die Entschließung von zumindest 58 Abgeordneten und 32 Senatoren unterzeichnet sein. Dies gilt aber als sehr unwahrscheinlich. Allerdings hat die Aktion erneut eine Debatte über den Rechtsstatus eines amtierenden Präsidenten ausgelöst. Nach Meinung des Verfassungsgerichtes gilt die Immunität des Präsidenten auch für Vergehen, die er vor seiner Amtszeit begangen hat. Der Sozialistische Abgeordnete Andre Vallini schlug daher am Dienstag eine Verfassungsreform vor, die eine gerichtliche Verfolgung von vor der Amtszeit und nicht in Ausübung des Amtes begangenen Vergehen ermöglicht. Devedjian vom RPR sprach sich nicht gegen eine solche Reform aus, forderte allerdings eine "ruhige und vernünftige" Debatte darüber. (APA)