Film
"Le Monde" übt Kritik an Jury
"Cannes hat Hanekes "Klavierspielerin" überschätzt"
Paris - "Die Überschätzung des dreifach ausgezeichneten Films von Michael Haneke
("Die Klavierspielerin", Anm.) und die Nichtberücksichtigung der meisten
bedeutenderen Werke des Wettbewerbs (jene von Jacques Rivette, Manoel de
Oliveira, Jean-Luc Godard, Hou Hsiao-hsien oder Marc Recha) heben klar die
Probleme der Zusammensetzung der Jury hervor." Dies schreibt die französische
Tageszeitung "Le Monde" in der Dienstag-Ausgabe zum Verlauf der Filmfestspiele von
Cannes.
"Überdies ist die dreifache Auszeichnung des Films von Haneke, der letztendlich mehr
Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat als der Empfänger der obersten Auszeichnung
(Nanni Morettis "Das Zimmer des Sohnes", Anm.), aus mehreren Gründen eine
bedauerliche Seltsamkeit. Bedauerlich für die verliehenen Preise, mehr noch für die
vergessenen Werke", heißt es in dem Artikel weiter.
Die Tageszeitung erinnert daran, dass bei dem Wettbewerb eine Reihe von Filmen
von "hervorragendem künstlerischen Niveau" vorgestellt worden seien und fügt hinzu:
"Dagegen erscheint die Auszeichnung an die puritanische Steifheit Hanekes (...) als
eine Absurdität." Der Artikel erinnert auch daran, dass es das Reglement von Cannes
verbietet, ein Werk zwei Mal zu prämieren.
"Seit Beginn des Festivals war es sichtbar, dass die Zusammensetzung der Jury zu
wünschen übrig ließ", schreibt "Le Monde" weiter und fügt hinzu: "Viel später haben
einige der Teilnehmer an der Abstimmung zugegeben, dass die Konflikte heftig
gewesen waren und ein derart verwirrendes Ergebnis der Unreife einer großen Anzahl
der Jury-Mitglieder zugeschrieben." (APA)