Mit den Büchern "Letters From A Faint Hearted Feminist" und "In the Name of Love" wurde sie bekannt. Wirklich berühmt wurde die englische Feministin, die am 22. Mai ihren 65. Geburtstag gefeiert hätte, mit ihrem Ausspruch, dass "Gewalt nicht von der Allgemeinheit", sondern von Männern begangen würde. Damit löste sie einen neuerlichen Diskurs über genetisch/soziologische Determiniertheiten - "Aggressivität von Männern" versus "Friedfertigkeit von Frauen" - aus. Eine Diskussion, die auch in der aktuellen Gender-Debatte noch lange nicht abgeschlossen ist. In ihrer Autobiografie "Eating Children: Young Dreams und Early Nightmares" deckt sie die Wurzeln ihres feministischen Bewusstseins auf. Vor allem ist dieses Buch eine Abrechnung mit dem Vater: Ein schottischer Patriarch, "pathologisch unfähig" Zuneigung auszudrücken, war bestrebt, sie "weiblich" und "heiratsfähig" zu machen. Während ihrem Bruder eine akademische Ausbildung zugestanden wurde, kasernierte sie der Vater in einem Schweizer Mädchenpensionat. Mit 18 - rebellisch und bedacht, sich vom Elternhaus zu lösen - fiel sie in die Hände eines ungarischen Grafen, der sie missbrauchte und eifersüchtig verfolgte. Nach einer langwierigen Trennung zog sie mit den zwei Kindern in eine Hippie-Kommune in Wales – und die nächste Enttäuschung folgte bei Fuß. Hier wurde den Frauen die ganze Arbeit aufgelastet, die Männer faulenzten und taten nichts. Daraufhin kehrte sie nach London zurück, wo sie ihren Lebensunterhalt mit Schreiben verdiente. Für den Guardian war Jill regelmäßig als Kolumnistin zu feministischen Themen tätig. Kurz vor ihrem Tod - zur Entwicklung des Feminismus befragt - meinte sie: Die Annahmen über Frauen seien es, die sich am radikalsten verändert hätten. Vor allem jenes Vorurteil, dass die gesamte psychische Energie einer Frau nicht damit erfüllt wird, für einen Mann zu leben und sein männliches Ego zu nähren. Jill Tweedie starb 1993 in London. (dabu)