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Wien - Einen "Befreiungsschlag für alle Beamten" und das Ende der Parteibuchwirtschaft sieht Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (F) in ihrem Entwurf zum neuen Objektivierungsgesetz. Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof melden in einem neuerlichen Begutachtungsverfahren dagegen Bedenken über die Beschneidung der richterlichen Kontrolle an. Für den Rechnungshof ist der vorliegende Entwurf zu teuer, zu bürokratisch und insgesamt überflüssig, da die derzeitigen Gesetze bei entsprechender Vollziehung durchaus ausreichen würden, um die faire Postenvergabe im Öffentlichen Dienst zu sichern. Kernpunkte der Reform sind die Beiziehung von Personalberatern bei der Suche nach neuen Bundesbeamten und eine modifizierte Einspruchsmöglichkeit für die Betroffenen: Ein eigener Kontrollsenat soll ihnen langwierige Berufungsverfahren vor den Höchstgerichten ersparen. An diesem "Unabhängigen Dienstrechts- und Objektivierungskontrollsenat" stoßen sich allerdings Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof. Sie befürchten "die Ausschaltung des Verwaltungsgerichtshofes für den ganzen Bereich des Bundes-Dienstrechts" und den Versuch, "die richterliche Kontrolle abzubauen". Ähnliche Kritik hatten die Höchstgerichte bereits im vorigen Sommer geübt. Die Erfolglosigkeit seiner damaligen Eingabe kommentiert der VwGH in der aktuellen Stellungnahme lakonisch: Die damaligen Bedenken hätten offenbar lediglich dazu geführt, dass die Ausschaltung des VwGH nun nicht mehr begründet werde. Außerdem bezweifelt der VwGH die Menschenrechts-Konformität des Objektivierungskontrollsenats. Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler zweifelt in seiner gegenüber dem Vorjahr auf 20 Seiten verdoppelten Stellungnahme nach wie vor an der Sinnhaftigkeit einer "Totalrevision" der Postenvergabe im Öffentlichen Dienst. Jene "derart gravierenden Mängel der bestehenden Rechtslage", die dies rechtfertigen würden, kann er nicht erkennen. Im Übrigen stößt sich Fiedler an erwarteten Mehrkosten "in (noch nicht genau absehbarer) Millionenhöhe". Die im Gesetz angeführten vier Mill. S (im Erstentwurf war noch von 15 Mill. S die Rede) hält er jedenfalls für zu niedrig gegriffen. Auch die veranschlagten Einsparungen von rund 30 Mill. S kann der Rechnungshof nicht nachvollziehen. Vielmehr werde die Einbindung externer Personalberater mit weit höherem Aufwand verbunden sein, als nun veranschlagt, glaubt der Rechnungshofpräsident. Eine qualitative Verbesserung der Personalpolitik in den Ministerien kann er aber nicht erkennen, "weil nicht nachvollziehbar ist, weshalb eine weitere Verbürokratisierung des Stellenbesetzungsverfahrens eine zielorientierte Personalauswahl sichert". Die in der Privatwirtschaft betriebene langfristige Personalplanung werde durch den derzeitigen Entwurf jedenfalls nicht erreicht, urteilt Fiedler. Das aktuelle Begutachtungsverfahren wurde vom Verfassungsausschuss des Nationalrates eingeleitet, der das Objektivierungsgesetz derzeit behandelt. Anders als bei der ersten Begutachtung im vorigen Sommer wurden Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof diesmal allerdings nicht um ihre Stellungnahme gebeten. Sie haben ihre Meinung "ungefragt" kund getan. (APA)