Wien - Roland Miklau, Sektionschef der Straflegislativsektion im Justizministerium, ist zuversichtlich, dass die Opposition die im Zuge der Vorverfahrensreform nötigen Verfassungsänderungen mittragen wird. Diese würden vor allem den Ausbau des Rechtsschutzes im neuen Ermittlungsverfahren enthalten - und damit "so sehr auf der Konsenslinie des Entwurfes liegen, dass ich mir Streit darüber nicht vorstellen kann". Er könne sich "nicht vorstellen, dass sich die Oppositionsparteien nicht zur verfassungsrechtlichen Verankerung des Rechtsschutzes bekennen". Sie soll nicht im Reformpaket des Justizministeriums enthalten sein, sondern im Weg einer vom Verfassungsdienst ausgearbeiteten Novelle des Bundeskanzleramtes vorgelegt werden. Diese Form wäre "wünschenswert und seriöserweise notwendig". Allerdings seien auch Varianten einfachgesetzlicher Regelungen nicht auszuschließen. Verbreiteter Grundkonsens Die "Zone des Grundkonsenses" zu diesem Reformwerk habe sich deutlich verbreitert - nicht nur bei Erstellung des Entwurfs um das Innenministerium, sondern im Zuge der Richterwoche auch um die deutliche Mehrheit der Praktiker. "Der Zug fährt", meinte Miklau, und nannte als möglichen Termin des Inkrafttretens den 1. Jänner 2004. Der Gesetzgebungsprozess sollte, so Miklau, noch in dieser Legislaturperiode abgeschlossen sein, mit einer parlamentarischen Diskussion im Sommer, Herbst 2002. Nicht verwundlich ist für Miklau, dass es auch bei der Richterwoche abweichende oder zögerliche Stimmen zu hören gibt. Aber eine so große Umstellung bedeute für die Praktiker immer Belastung und Unsicherheit. Verständnis für Personalwünsche Was die zu erwartende größere Arbeitsbelastung der Staatsanwälte betrifft, zeigte Miklau - "persönlich", als "nicht Zuständiger" - Verständnis für die Forderung nach mehr Personal. Seiner Meinung nach wird man beim derzeitigen Stand von 175 Staatsanwälten erster Instanz mit der kostenneutralen Lösung, nur einige Untersuchungsrichter in StA-Stellen umzuwandeln, nicht auskommen. "Die Anhebung der Rechtskultur, des Rechtsschutzes und die Verrechtlichung ist nicht zum Nulltarif zu haben." Was die Forderung von Richtern und Staatsanwälten nach einer Übertragung des Weisungsrechts vom Minister an den Generalprokurator betrifft, meinte Miklau, das sei eine "staatspolitische Grundfrage, die im politischen Raum zu entscheiden ist". Angesichts der Argumentation mit dem "Anschein", den es habe, wenn der Justizminister Weisungsspitze ist, empfahl Miklau den Standesvertretern, zu überlegen, welchen Eindruck man damit bei den Bürgern hervorrufe. Man sollte "positiver" nachdenken, wie man das Vertrauen in den Rechtsstaat stärken könne - etwa durch Ausbau der Transparenz oder mehr parlamentarische Kontrolle. Jedenfalls ist Miklau "nicht überzeugt, ob es ein großer Gewinn ist, wenn es statt einem Justizminister zwei gibt". Eine konsensfähige Alternative zum Reformentwurf, der Ende April vorgelegt wurde, gebe es nicht. Unmöglich sei es, beim geltenden Recht zu verharren. Schließlich sei die Praxis heute eine völlig andere als das Gesetz vorsehe. Die Rechtslage müsse an die Praxis angepasst und vor allem der Rechtsschutz deutlich verbessert werden. "Wir müssen das Ermittlungsverfahren auf ein international herzeigbares rechtsstaatliches Niveau bringen", so Miklau in seinem Resümee über die erste große Diskussion auf Praktiker- und Expertenebene. (APA)