Natur
"Die Entscheidung über das Erlaubte darf nicht den Betreibern überlassen werden"
Nutztier-Wissenschafter Alfred Haiger warnt vor der Gentechnik
Wien - Vor einem breiten Einsatz gentechnischer Methoden in der Tierzucht warnte der ehemalige Vorstand und Professor am Institut
für Nutztierwissenschaft an der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien, Alfred Haiger, bei einem Vortrag der Reihe "Zankapfel Gentechnik"
der Boku Dienstag Abend in Wien. Generell sollte man wissenschaftliche Methoden nur dann einsetzen, wenn dies nötig sei. Im Falle
Gentechnik in der Nutztierzucht sieht er, Haiger, diesen Bedarf angesichts der Ernährungslage und der bekannten Überproduktionen nicht.
Haiger fordert, die Gentechnik sehr differenziert zu sehen. Das Argument der Befürworter - was in der Pharmaindustrie und in der Medizin für
gut befunden wird, kann auch in Landwirtschaft und Tierzucht nicht schlecht sein - lässt der Wissenschafter nicht gelten. Es gebe sehr wohl
große Unterschiede zwischen diesen Disziplinen. Gentechnik im Pharma- und Medizinbereich passiere ausschließlich im geschlossenen Labor,
und betreffe nur den Menschen, der gerade ein solches Medikament freiwillig einnehme. Gentechnik in Landwirtschaft, Viehzucht und auch
Umweltschutz gelange irgendwann unweigerlich in die freie Natur und betreffe somit alle.
Haiger räumte ein, dass gentechnische Techniken neben ihrer Anwendung in der Medizin auch in abgegrenzten Bereichen der Tierzucht Sinn
hätten. Dies sei etwa in der so genannten Erbfehlerdiagnose gegeben. Durch das frühzeitige Erkennen von erblichen Defekten in Nutztieren
könnten diese von der Weiterzucht ausgeschlossen werden, letztendlich würden Tieren damit Schmerzen und Leiden erspart.
"Wenn die Gentechnik in der landwirtschaftlichen Tierzucht, mit Ausnahme dieser Erbfehlerdiagnose, offensichtlich keine Probleme löst, die
mit den herkömmlichen Zuchtmethoden nicht beherrschbar wären und unvorhersehbare Risiken nicht auszuschließen sind, ist es wohl nur
vernünftig, diese Technik zumindest vorläufig nicht anzuwenden", so der Wissenschafter. Keinesfalls dürfe die "Zellkernspaltung" unter
Ausschluss der Öffentlichkeit entwickelt werden. Die Entscheidung über das in diesem Bereich Erlaubte dürfe auch nicht alleine den
Betreibern, also Konzernen und davon abhängigen Wissenschaftern, überlassen werden.(APA)