Er ist eine Art Adoptivvater der Universitätsreform: Sektionschef Sigurd Höllinger krempelt mittlerweile unter dem sechsten Minister im Bildungsressort die Uni-Landschaft um und verteidigt das Großprojekt im Gespräch mit Martina Salomon gegen seine Kritiker.

STANDARD: Sind Sie es nicht leid, seit Jahren die Rolle des Bösen in der Universitätslandschaft einnehmen zu müssen?

Höllinger: Ich fühle mich überhaupt nicht in der Rolle des Bösen. Ich bin dafür zuständig, auf Stärken und Schwächen der österreichischen Universitäten hinzuweisen und Vorschläge in die Diskussion einzubringen.

STANDARD: Sie werden sozusagen als Meister der Reformflut betrachtet. Ist das Tempo zu hoch?

Höllinger: Es geht nicht um eine Flut. Dies ist ein seit zehn Jahren bekanntes Grundkonzept einer Erneuerung der Universitäten durch den Übergang von der staatlichen zur vollrechtsfähigen Universität. Hätte man einen großen Reformschritt früher zusammengebracht, gäbe es die weiterführenden Reformen nicht.

STANDARD: Die meisten Uni-Funktionäre scheinen aber nicht übertrieben glücklich darüber zu sein, demnächst vom Staat in die Autonomie entlassen zu werden.

Höllinger: Es ist eine ziemlich bequeme Position, den Staat als ordnungswütig zu kritisieren und Autonomie zu fordern, sie aber gleichzeitig gar nicht zu wollen. Denn mit der Selbstständigkeit ist natürlich auch Verantwortung verbunden. Damit wird der Wildwuchs an Freiheiten in den Organisationen selbst wohl ein wenig kleiner werden.

STANDARD: Was meinen Sie damit?

Höllinger: Das dichte Netz an Vorschriften und der Mangel an Verantwortlichkeit sowie an funktionellen Hierarchien sichert für sehr viele große Freiheiten und den Zustand von Kontrolllosigkeit. Die Kritiker sind im Übrigen meistens Funktionäre des bestehenden Systems. Es gibt viele, die die Veränderung wollen, aber sie sind leiser und kaum in akademischen Ämtern zu finden.

STANDARD: Dem Ministerium wird immer wieder vorgeworfen, die Ausgliederung nur zum Zweck der Budgetkonsolidierung zu betreiben.

Höllinger: Die rechtliche Verselbstständigung hat mit Sparen nichts zu tun. Sie soll Bedingungen schaffen, damit die Universitäten leistungsfähiger werden. Ein wenig mehr wirtschaftliches Denken tut den Universitäten gut, aber es geht nicht darum, aus ihnen Firmen zu machen.

STANDARD: Müssen sich die Universitäten künftig mehr um das Auftreiben von Geld kümmern?

Höllinger: Nein. Die Finanzierungsverpflichtung des Bundes wird gesetzlich festgelegt voll erhalten bleiben.

STANDARD: Wird das Budget eingefroren?

Höllinger: Das wird von den Kritikern immer unterstellt. Natürlich muss man dafür sorgen, dass beim Übergang die Ressourcenausstattung zufrieden stellend ist. Das wiederum heißt nicht, dass alle Wünsche erfüllt sein werden.

STANDARD: Als Negativbeispiel wird immer die Privatisierung der Museen genannt, die sich jetzt deutlich mehr als früher um ihre Einnahmen kümmern müssen.

Höllinger: Bei den Universitäten wird mit Sicherheit ein anderer Weg beschritten.

STANDARD: Manche meinen, die Universitäten seien mit den Reformen so belastet, dass das Personal nicht mehr zu Forschung und Lehre komme. Kann das sein?

Höllinger: Das ist die glatte Ausrede von Funktionären, die sich sowieso auf diese Tätigkeit konzentrieren.
(DerStandard,Print-Ausgabe,16.5.2001)