Nach der Übernahme des russischen Fernsehsenders NTW durch den Kreml-treuen Gaskonzern Gasprom sind die meisten unter Protest ausgezogenen Journalisten beim Sender TW-6 des Unternehmers Boris Beresowski untergekommen. Die Aktionärsversammlung in Moskau wählte am Montag den ehemaligen NTW-Generaldirektor Jewgeni Kisseljow in die gleiche Position bei TW-6, meldete die Agentur Interfax. Beresowski, der früher als einflussreicher politischer Drahtzieher galt, schwenkte in den letzten Monaten auf Kritik am Kreml ein. Er bot den ehemaligen NTW-Angestellten, die für seinen langjährigen Konkurrenten Wladimir Gussinski gearbeitet hatten, Zuflucht bei TW-6 an. Starjournalist Kisseljow brachte seine Sendung "Itogi", eins der meistgesehenen russischen Politmagazine, zu TW-6. Kündigungswelle Bei dem kleineren Sender, der im Gegensatz zu NTW nicht landesweit ausgestrahlt wird, löste die Ankunft der großen NTW-Mannschaft eine Reihe von Kündigungen des Stammpersonals aus. Der stellvertretende Generaldirektor Chefproducer Iwan Demidow schied am Dienstag aus dem Sender aus. Insgesamt hätten 17 Mitarbeiter von TW-6 gekündigt, sagte Kisseljow. Als Hauptgläubiger von NTW hatte der teilstaatliche Konzern Gasprom im Jänner eine Aktienmehrheit an dem Kreml-kritischen Sender übernommen und im April die Senderführung ausgetauscht. Das Vorgehen war als Schlag gegen die Pressefreiheit in Russland kritisiert worden, weil damit der letzte unabhängige landesweite Sender auf die politische Linie des Kremls gebracht wurde. (APA)