Washington - Die rechtsradikalen Milizen, die den Nährboden für den Anschlag von Oklahoma City bildeten, sind in den USA auf dem Rückzug. Ein Grund für ihren Popularitätsverlust ist der Attentäter Timothy McVeigh. Seine Bluttat, bei der 168 Menschen getötet wurden, habe den Nachwuchs verschreckt, sagt Mark Potok vom Southern Poverty Law Center. Laut einer Studie der Forschungsstelle für Rassismus und Rechtsextremismus in Montgomery in Alabama schrumpfte die Zahl der aktiven Gruppen seit 1996 von 858 auf 194. Die Milizen-Bewegung entstand im Mittleren Westen der USA. Waffennarren, Rassisten und Naturfreaks schlossen sich in paramilitärischen Einheiten zusammen. Sie beriefen sich auf die US-Verfassung, in der das Recht auf die Bildung bewaffneter Milizen seit dem Unabhängigkeitskrieg gegen die Engländer verankert ist. Die US-Regierung mische sich zu sehr ins Leben des Einzelnen ein und wolle die weiße Bevölkerung einer neuen Weltordnung unterjochen, argumentierten ihre Anführer. Schlüsselerlebnis Waco-Stürmung Für McVeigh wie für die Milizen war der Sturm der US-Bundespolizei auf das Anwesen der Davidianer-Sekte im texanischen Waco im April 1993 ein Schlüsselerlebnis. Die Behörden hätten überreagiert und dabei den Tod von unschuldigen Frauen und Kindern in Kauf genommen, argumentierten selbst unbescholtene Bürger. Der Schriftsteller Gore Vidal, der von McVeigh zur Hinrichtung am Mittwoch eingeladen wurde, gesteht dem Oklahoma-Attentäter einen "Sinn für Gerechtigkeit" zu. Hätte der 33-Jährige ein leeres FBI-Hauptquartier in Washington in die Luft gejagt, dann wäre er heute "ein Nationalheld", schrieb Vidal laut der Lokalzeitung "Daily Oklahoman" an McVeigh. Im Internet bleibt Waco der Gegenstand von Verschwörungstheorien und Märtyrer-Mythen. Doch die Milizen rückten in den Augen der Öffentlichkeit durch das Attentat von Oklahoma City endgültig an den extremistischen Rand. Seither gelang es der US-Bundespolizei FBI, 29 Anschlagspläne zu vereiteln. Die Anführer der Milizen wanderten ins Gefängnis oder sagten gegen ihre Mitstreiter aus. Ein weiterer Schlag für die Bewegung: Der für die Jahrtausendwende prophezeite Showdown mit den Regierungskräften blieb aus. "Bush rettet Amerika Einige argumentieren, der Regierungswechsel in Washington habe den Milizen die Geschäftsgrundlage entzogen. Schließlich sei die verhasste Justizministerin Janet Reno, unter deren Aufsicht die Polizeiaktion in Waco erfolgte und deren Ermordung McVeigh geplant haben will, nicht mehr im Amt. "Die Milizen wurden aus Angst geboren", sagt der frühere Anführer der Michigan-Miliz, Norm Olson. "Heute haben die Leute das Gefühl, George Bush wird Amerika retten. Sie haben Kabelfernsehen, und das Bier ist kalt." (APA)