Knapp vor der Sondersitzung des ORF-Kuratoriums am Montag ist die offizielle Stellungnahme des Küniglbergs zum geplanten ORF-Gesetz fertig. Das dem STANDARD vorliegende Papier liefert auch neue Angaben über mögliche Einbußen. Mit rund 2,6 Milliarden Schilling (198 Mio. EURO) Einbußen drohte man Landeshauptleuten. In Erklärungen pendelte man zwischen 1,03 bis zwei Milliarden Schilling. Nun sind es 1,140 bis 1,955 Milliarden pro Jahr. Die Verpflichtung zu auch "anspruchsvollem" Programm im Hauptabend wurde günstiger - von zuletzt 200 bis 500 Millionen auf nun 150 bis 300. Kritikpunkte des zwei Dutzend Seiten umfassenden Papiers im Detail: "Diffus" sei die Forderung nach auch Anspruchsvollem im Hauptabend. "Nicht einzusehen", dass der sich ORF selbst auf für seinen öffentlich-rechtlichen Unternehmenszweck "notwendige" Tätigkeiten beschränken soll und "wirtschaftlich Zweckmäßiges" "verboten werden". "Entbehrlich und gleichheitswidrig" findet man, dass der ORF Kooperationen laut Entwurf nur unter "nicht diskriminierenden Bedingungen" eingehen darf. Bedroht sei zudem die Beteiligung an 3sat, zumal Tochterunternehmen nur mehr bei bestimmendem Einfluss möglich seien. Gilt nicht für öffentlich-rechtliche Töchter, sagen Regierungsexperten da. Die - im Gegensatz zu TW1 heute - per neuem Gesetz rechtlich abgesicherten Tochterunternehmen wie etwa für Spartenkanäle haben nach Ansicht des Künigbergs Haken: "Exzessiv eingeschränkt" sei deren Unternehmensgegenstand, weil sie nicht aus Gebühren zu finanzieren, nicht terrestrisch zu verbreiten und zwingend als Spartenprogramme gestaltet seien. Dass die Vermarktung von Werbung in anderen Medien durch den ORF selbst verboten werden soll, verstoße gegen die Erwerbsfreiheit des Küniglbergs. Derzeit vermarktet die ORF-Tochter Enterprise Werbezeiten von Privatradios unter dem Titel Ö3plus. "Exzessiv" findet der ORF auch die Forderung, dass er künftig Details seiner Werbeverträge und Vereinbarungen über Gegengeschäfte - etwa mit Printmedien - offenlegen soll. Neuerlich urgiert er die Möglichkeit zu Unterbrecherwerbung in Quizshows und kritisiert die Einrechnung von Sponsoring in die Gesamtwerbezeit. Nicht schlüssig seien auch die vorgesehenen Fristen: Wenn der ORF-Stiftungsrat bis 30. Jänner 2002 zu bestellen sei, sei "faktisch nicht möglich", dass der Vorsitzende dieses sich erst danach konstituierenden Gremiums bis 31. Jänner die Funktion des ORF-Chefs ausschreibt (der bis Ende März 2002 zu wählen ist). Kritik am Entwurf meldet auch die "Kulturpolitische Kommission" kultureller Interessenvertretungen an. Sie erwartet "noch mehr Kommerzialisierung". (fid/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.5.2001)