Washington - Ein fehlender Zucker im Gehirn macht den Menschen zum Menschen. Das ist das erste Ergebnis eines Genvergleichs zwischen Mensch, Schimpanse und Rhesusaffe. Die Gendifferenzen zwischen ihnen werden auf ein bis zwei Prozent geschätzt, 165 unterschiedliche Gene hat man bisher identifiziert. Dabei sind die Gene in Blut und Leber bei Menschen und Schimpansen sehr ähnlich und bei den Rhesusaffen anders, die Gene im Gehirn hingegen trennen den Menschen von den Verwandten. Und zwar in doppelter Hinsicht: Im Gehirn finden sich die meisten Gendifferenzen, und identische Gene arbeiten beim Menschen anders, sind aktiver. Das mag mit dafür sorgen, dass Menschen nicht nur ein größeres Gehirn haben, sondern auch den proportional größten Anteil an Großhirnrinde. Und dann gibt es den einen kleinen Unterschied, bei einem Gen, das für ein Enzym zuständig ist, das einen Zucker in einen anderen verwandelt. Dieses Gen haben alle Säugetiere - außer dem Menschen und dem Neandertaler. Dass es ihnen fehlt, mag sie für Krankheiten weniger anfällig machen: Das Gen ist Angriffspunkt für manche Pathogene. Es mag aber eben auch dort mitspielen, wo sich Menschen am weitesten von ihren Vettern entfernt haben: Auch bei den übrigen Säugetieren ist das Gen am wenigsten aktiv im Gehirn, bei Menschen gibt es es auch dort eben überhaupt nicht. Daraus lässt sich vermuten, dass diesem Gen eine Schlüsselrolle in der Evolution zukommt. Ob das stimmt, wollen Forscher nun an Mäusen klären, denen sie das Gen ausschalten. (jl, DER STANDARD, Print-Ausgabe 10. 5. 2001)