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Foto: APA/AFP/Uzon
Guatemala-Stadt/Wien - Als Celvin Galindo nach Hause kam und auf seinem Bett einen Blumenkranz, wie er bei Begräbnissen verwendet wird, vorfand, wusste er, dass es höchste Zeit war, das Land zu verlassen. Galindo hatte als ermittelnder Staatsanwalt herausgefunden, wer hinter dem brutalen Mord am guatemaltekischen Bischof Juan Gerardi steckte. Gerardi war am 26. April 1998, zwei Tage nachdem er den Wahrheitsbericht über die Jahre des Bürgerkriegs (1960-1996) mit seinen 200.000 Toten veröffentlicht hatte, in seiner Garage mit einem Betonklotz erschlagen worden. Gerardi hatte das Militär für 80 % der Verbrechen verantwortlich gemacht. Rund drei Jahre später, Ende März dieses Jahres, begann der Prozess gegen fünf Angeklagte. Diese sind der Priester Mario Orantes, dessen Haushälterin Margarita Lopez, der ehemalige Chef des Geheimdienstes, Disrael Lima, dessen Sohn Byron und der militärische Rechtsexperte Odbulio Villanueva. Orantes soll seinen Schäferhund Balu, der inzwischen das Zeitliche gesegnet hat, gegen Bischof Gerardi gehetzt haben. Grund: Orantes und Gerardi hätten nicht nur das Pfarrhaus geteilt, sondern auch dieselbe Geliebte. Die Anklage ist absurd und konstruiert, denn Gerardi war zum Zeitpunkt seines Todes bereits 75 Jahre alt, und Orantes ist nach dem Zeugnis mehrerer Bediensteter des bischöflichen Ordinariats homosexuell. Tatsächlich soll das Militär die homosexuellen Neigungen genutzt haben, um den Mörder ins Pfarrhaus zu schleusen. Der spielte hinterher den Ahnungslosen und ließ die Haushälterin die Spuren beseitigen. Im Prozess wurden bisher 85 Zeugen vernommen. Ex-staatsanwalt Galindo (39) zum STANDARD: "Mit den vielen Zeugen soll Verwirrung gestiftet werden. Der Prozess soll in die Länge gezogen werden, damit das öffentliche Interesse erlahmt und von den wahren Tätern abgelenkt wird." Galindo kennt sowohl deren Namen als auch die Drahtzieher. Wegen der vielen Todesdrohungen hat er Angst, sie öffentlich zu nennen. Nur so viel: "Die Täter stammen aus der Garde des früheren Präsidenten Alvaro Arzu, der militärische Geheimdienst war der Drahtzieher." Laut Galindo habe man mit dem Mord zwei Ziele verfolgt. Zum einen wolle der konservative Flügel des Militärs den Friedensvertrag von 1996 untergraben. Zum anderen schaffe man damit man ein Klima des Terrors und der Angst gegen jene, die die Verbrechen der Vergangenheit aufklären wollten. Als Galindo Anklage gegen die wahren Täter erheben wollte, war ihm klar, dass er starke Unterstützung benötigte und suchte sie bei der Kirche. Doch die Bischofskonferenz ist gespalten, der Großteil gehört zum traditionalistischen Flügel. Die Anklage gegen Orantes diene dazu, Druck auf die Kirche auszuüben. (DER STANDARD, Print, 10.5.2001)