Brüssel - Einen Haushaltsüberschuss, so hoch wie selten, konnte EU-Budgetkommissarin Michaele Schreyer am Dienstag in Brüssel verkünden: Aus dem Unionshaushalt im Jahr 2000 sind rund 7,5 Milliarden Euro (103,2 Mrd. S) übrig geblieben, die nun an die Mitgliedstaaten zurückverteilt werden. Finanzminister Karl-Heinz Grasser darf mit etwa 2,68 Mrd. Schilling (195 Mio. Euro) rechnen. Die genauen Zahlen will Schreyer erst später bekannt geben. Auch in den vergangenen Jahren hatte die EU regelmäßig Budgetüberschüsse erzielt, zuletzt etwas über 900 Millionen Euro. Die hohe Summe für 2000 hat nun nicht nur die Österreicher überrascht. Da sich, wie Schreyer betonte, die Rückflüsse an den Beiträgen der Mitgliedstaaten für den EU-Haushalt orientieren, kann Wien etwa mit 2,6 Prozent der 7,5 Mrd. Euro rechnen. Das Geld wird allerdings nicht direkt überwiesen, sondern vom fälligen EU-Beitrag des laufenden Jahres abgezogen. Laut Schreyer entstand das beachtliche Plus vor allem aus Zolleinnahmen und aus noch nicht in Anspruch genommenen Strukturprogrammen. Dabei liegt die Gesamtsumme der Überschüsse eigentlich höher als die nun zu verteilenden 7,5 Mrd. EURO. Hinzuzurechnen sind noch 900 Mrd. EURO, die bereits für die Bewältigung der BSE- und MKS-Krisen in den Nachtragshaushalt 2001 eingeplant wurden, und rund zwei Mrd. EURO, die Großbritannien als "Rabatt" auf seine EU-Beiträge erhält. Haushaltsvorschläge Kommissarin Schreyer präsentierte am Dienstag auch die Haushaltsvorschläge für das Jahr 2002. Danach soll die EU im kommenden Jahr insgesamt über etwa 97,7 Mrd. Euro verfügen, 4,8 Prozent mehr als 2001. Schreyer betonte, die Zahlungen lägen damit auch weiterhin bei 1,06 Prozent des EU-Bruttosozialproduktes. Die Steigerung in absoluten Zahlen komme vor allem durch die Finanzierungsverpflichtungen für die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik zustande, wie sie 1999 auf dem Berliner EU-Gipfel beschlossen worden war, so die Kommissarin. Die Agrarausgaben sollen um fünf Prozent, gemessen am Jahr 2001, steigen. Damit wird die Landwirtschaft auch 2002 mit 46 Prozent den größten Anteil des Unionsbudgets erhalten. Angesichts der jüngsten Eurobarometer-Umfrage, wonach viele EU-Bürger glauben, der Löwenanteil des EU-Haushalts werde von der Brüsseler Verwaltung verschlungen, nutzte Michaele Schreyer die Gelegenheit, auf die Realitäten hinzuweisen: Die Ausgaben für die Administration betrage nur etwa 5,1 Prozent des Budgets. (Jörg Wojahn, DER STANDARD, Printausgabe 9.5.2001)