Wien - ÖVP und FPÖ haben am Dienstag vor dem Ministerrat die Neuregelung der Unfallrentenbesteuerung geschlossen verteidigt. VP-Klubchef Andreas Khol und sein FP-Gegenüber Peter Westenthaler betonten die Notwendigkeit einer "Systemanpassung" zwischen besteuerten Invaliditäts- und bis vor dem 1. Jänner unbesteuerten Unfallrenten. Probleme mit Fristen gebe es dabei immer, meinte Finanzstaatssekretär Alfred Finz (V). Allerdings so Finz: "Ich kann mit der neuen Regelung leben." "Es muss dem Gesetzgeber möglich sein, dass ich aus sachlichen Gründen Änderungen vornehme", meinte Finz. Die Notwendigkeit für den vom Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider eingemahnten Rechtsanspruch der "Härtefälle" auf Rückzahlung der Unfallrentensteuer sieht Finz nicht: "Ich glaube, in der Praxis wird das zu keinen Schwierigkeiten führen." Für größere Änderungen der derzeit geplanten Neuregelung der Unfallrentenbesteuerung im Parlament sieht Finz "keinen Spielraum". Kleinere Anpassungen seien dagegen möglich, meinte der Staatssekretär. VP-Klubchef Khol verteidigte das Auslaufen der Härtefallregelung mit 1. Juli: Es gehe darum, den derzeitigen Unfallrentnern - die oft schon vor zehn Jahren eine deutlich niedrigere Entschädigung zugesprochen bekommen hätten als sie "neuen" Unfallrentnern zuerkannt werde - eine durchgehende Planung zu ermöglichen. Im Übrigen unterstützte Khol den Vorschlag von Sozialminister Herbert Haupt (F), dass derzeitige "komplizierte System" der Invaliditäts- und Unfallrenten "klar und deutlich neu zu fassen". Ähnlich FP-Klubobmann Westenthaler: Künftig dürfe bei der Zuerkennung von Unfall- oder Invaliditätsrenten nicht mehr zwischen Arbeits- und Freizeitunfall unterschieden werden. Diese Anpassung werde man nun diskutieren. Weitgehende Zustimmung zu der mit der von der Regierung beschlossenen Neuregelung der Unfallrenten-Besteuerung signalisierte auch ÖAAB-Obmann Werner Fasslabend. Im Parlamentsausschuss wolle er nur noch über Details des Entwurfs reden, sagte Fasslabend am Dienstag im Radio-"Morgenjournal". Fragen wolle er etwa über das Datum des Inkrafttretens stellen und ob der Vertrauensschutz so weit gewahrt sei, dass er möglichst allen zu Gute kommt, die darauf Anspruch haben. Schüssel und Scheibner bekennen sich zu Reparatur Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) hat am Dienstag nach dem Ministerrat die Neuregelung der Unfallrentenbesteuerung verteidigt. Es sei immer klar gewesen, dass mit dem Gesetz die Ungleichheit zwischen Unfallrenten- und Invaliditätsrentenbesteuerung aufgehoben werden müsse. Auch FP-Vize Herbert Scheibner, der die in den USA weilende Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (F) vertrat, unterstrich: "Wir bekennen uns zu diesem Projekt." Die Kritik des freiheitlichen Sozialsprechers Reinhart Gaugg wies der Verteidigungsminister deutlich zurück. Gaugg hatte kritisiert, dass eine Verletzung, die vor dem Stichtag 1. Juli erlitten wurde, anders bewertet würde, als eine zu einem späteren Zeitpunkt erlittene. Dazu erklärte Scheibner, dass dies bei Stichtagsregelungen immer so sei: "Das sollte auch einem Abgeordneten einleuchtend sein." Ebenso wie Schüssel argumentierte der freiheitliche Vizeparteichef, dass immerhin Härtefälle, die ihre Lebensplanung auf die volle Unfallrente abgestellt hätten, nun von der Belastung ausgenommen würden. Der Bundeskanzler wies auch den Vorwurf zurück, dass die Befristung der Ausnahmeregelung vor der Öffentlichkeit verheimlicht worden sei. Die Reparatur sei in der vergangenen Woche beim Ministerrat "umfassend dargestellt worden". Zu einem Journalisteneinwand meinte er dementsprechend: "Ihnen ist es nicht aufgefallen." Sozialminister Herbert Haupt (F) unterstrich neuerlich seinen Plan, die Unfallsentschädigungen neu zu definieren. Hier bestehe "dringender Handlungsbedarf". Bei einer künftigen Regelung müsse vor allem der Behinderungsgrad des Betroffenen stärker einbezogen werden. Zum Zeitrahmen für sein vorhaben erklärte der Minister, er sei mittlerweile vorsichtig geworden: "Ich wäre schon zufrieden, wenn wir innerhalb dieser Legislaturperiode die legistische Umsetzung abschließen können." Kritik von Arbeiterkammer, Grünen und KPÖ Dass die Regierung beharrlich bei ihrer restriktiven Entschärfung der Unfallrentenbesteuerung bleibt, empörte am Dienstag die Arbeiterkammer, die Grünen und die KPÖ. AK-Präsident Herbert Tumpel forderte die vollständige Zurücknahme der Besteuerung. Er fürchtet für Unfallrentner, denen die Steuer nicht refundiert wird, eine Mehrbelastung von 35.000 S. "Blau-Schwarz ergreift nicht nur unsoziale Maßnahmen, sondern ignoriert auch weitgehende jede Rechtsstaatlichkeit", meinte der Grüne Sozialsprecher Karl Öllinger. Auch für Tumpel und KPÖ-Vorsitzender Walter Baier ist es nicht nur unsozial, sondern auch verfassungsrechtlich bedenklich, dass alle Unfallrenten, die ab 1. Juli zuerkannt werden, besteuert werden und nur für "alte" Renten bis 23.000 Schilling die Steuer refundiert wird. Damit werde die Gruppe der Unfallrentner in zwei Klassen gespalten. Tumpel fürchtet massive verteilungspolitische Auswirkungen: Wenn 60 Prozent eine Rückerstattung bekommen in der geplanten Größenordnung von 600 Mill. S und der Finanzminister aber 1,4 Mrd. S aus den Steuern einheben wolle, müsse diese Last auf die restlichen 40.000 Unfallrentner überwälzt werden. Unterm Strich sei das eine zusätzliche Belastung im Ausmaß von 35.000 S. Tumpel ortete einen weiteren "falschen Ansatz" in den Regierungsplänen: Auch mit der Übergangsregelung würden tendenziell jene belastet, die auf Grund der Schwere des Arbeitsunfalles eine hohe Unfallrente beziehen. Baier sprach von einer "eklatanten Ungleichbehandlung der Unfallopfer, die jedem Gleichheitsgrundsatz fundamental widerspricht". (APA)