Wien - Als Chef des SPÖ-nahen IFES-Instituts ist Ernst Gehmacher schon lange in Pension - aber langfristige Entwicklungen der Parteianhängerschaften interessieren den Sozialforscher noch immer. Daher hat er im Vorjahr ein Modell entwickelt, mit dem die Sozialwissenschaftliche Studiengesellschaft Motiven für die politische Neuorientierung von Wählern aufspürt. Wichtigstes Indiz ist für Gehmacher die Frage, welche Parteien Sympathien verlieren - und wohin sich die Wähler neu orientieren. Darin nämlich lägen dauerhafte Veränderungen, die nicht einfach mit einem guten Wahlkampf wieder wettgemacht werden könnten. Hauptbefund: Entgegen populären Annahmen, dass die FPÖ in der Regierung die Interessen ihrer Wähler enttäusche, verliert sie vor allem durch mangelnde Geschlossenheit und ihr Erscheinungsbild - "sie wird hässlicher, und in der Zeitreihe seit August wird das noch deutlicher", analysiert Gehmacher das FPÖ-Image. Aus derselben Untersuchung geht hervor, dass 21 Prozent der FPÖ größere Verluste als bei der Wien-Wahl und weitere 39 Prozent gleich große Verluste bei der Nationalratswahl vorhersagen. Der ÖVP dagegen sagt eine Mehrheit von 46 Prozent ein Halten der Position voraus, 21 Prozent Zugewinne und nur 28 mehr Verluste. 72 Prozent meinen übrigens, dass die Koalition die volle Periode halten wird. (cs/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8. Mai 2001)