Ein Kurs von mehreren Tausend Franken ist für eine Schweizer Aktie gar nicht so ungewöhnlich. Eine einzige Aktie der Roche Holding - Europas fünftgrößtem Pharmakonzern - kostete noch vor kurzem um die 13.000 Schweizer Franken (118.000 S/8597 EURO). Damit war der Titel für viele Anleger unerschwinglich. Doch das änderte sich vergangenen Freitag. Aktiensplit lautete das Zauberwort, mit dem wieder breitere Anlegerschichten erreicht werden sollen. Roche machte aus einer alten 100 neue Aktien. Mit einem Schlusskurs von 132 Franken oder rund 1200 S war die Aktie in Bereiche "gefallen", die auch Kleinanleger nicht verschreckt. Doch das Unternehmen ist mit diesem Schritt nicht allein. Dutzende der 279 an der Zürcher Aktienbörse notierten Gesellschaften haben bereits angekündigt, dass sie ihre Aktien splitten werden. Dazu gehören die Credit Suisse Group, ABB, Novartis und Nestlé. Ermöglicht wird dies durch eine Änderung der Schweizer Aktiengesetzgebung, der ersten seit neun Jahren. "Verrückte Kurse" "Ein Kurs von über 12.000 Franken ist verrückt", meint Frank Moser, Experte aus Zürich. "Bisher waren Aktienkäufe in der Schweiz nur ein Spiel für Millionäre. Die Änderungen werden den Markt neu beleben." Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé notiert derzeit bei 3625 Franken und wird seine Aktien im Verhältnis 10:1 splitten. Roche-Konkurrent Novartis plant einen Split von 40:1 und wird den Aktienkurs damit von 2665 auf rund 67 Franken senken. Die 29 Aktien im Swiss-Market-Index sind durchschnittlich sechsmal teurer als Werte im französischen Benchmark-Index CAC 40 und hundertmal teurer als Titel im italienischen MIB 30. Grund für die hohen Schweizer Aktienkurse war der gesetzlich festgeschriebene Aktiennennwert von ursprünglich mindestens 100 Franken. Während der wirtschaftlichen Depression vor rund siebzig Jahren sollte die Maßnahme Anleger vor riskanten Investments schützen. Im Laufe der Jahre sind die Kurse gestiegen, doch ein Aktiensplit war nicht möglich. Denn ein Aktiensplit erforderte eine entsprechende Teilung des Nennwertes und hatte ihn unter die gesetzliche Grenze gedrückt. "Das Schutz-Argument hat schnell seine Grundlage verloren", meint Richard Mandl von der Nordfinanz-Bank in Zürich. "In den Siebziger- und Achtzigerjahren war es kein Thema mehr." Im Jahre 1992 senkte die Schweizer Regierung den Nennwert auf zehn Franken, kurz bevor die größte Börsenhausse des Landes die Aktienkurse nach oben katapultierte. Nun gilt ein Mindestnennwert von einem Rappen. (Bloomberg, DER STANDARD, Printausgabe 7.5.2001)