Nyköping - Zum Auftakt der nächsten Reform der Europäischen Union müsse es eine breite öffentliche Debatte geben, forderte Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (V) am Sonntag in Nyköping. In Österreich werde diese Diskussion am 30. Mai mit einem "Runden Tisch" eingeleitet, erinnerte die Ministerin. Es sei auch "ganz wichtig", die Kandidatenländer in die Debatte einzubeziehen. Die nächste Reformrunde soll laut Zeitplan bis 2004 abgeschlossen sein. Die Ministerin spricht sich dafür aus, "in manchen Bereichen" einen Konvent einzusetzen. So könne etwa die Kompetenzabgrenzung zwischen EU und Mitgliedsländern erfolgen. Die Vereinfachung der Verträge solle hingegen von Experten erarbeitet werden. Die Ministerin wünscht sich von diesen Gremien "Optionen", auf Basis derer dann in einer Regierungskonferenz die Mitgliedsländer Entscheidungen treffen könnten. Im Zuge der Reform will Ferrero-Waldner zwar die nationalen Parlamente und auch die Regionen enger einbinden. Sie könne sich aber "schwer vorstellen", dass der EU-Ministerrat abgeschafft wird, so Ferrero-Waldner. Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte zuletzt ein Modell vorgeschlagen, wonach die EU-Kommission zu einer "EU-Regierung" umgebaut werden könnte und der EU-Ministerrat zu einer zweiten Kammer des EU-Parlaments würde. Sieben Jahre Ferrero-Waldner zweifelt nicht, dass die von der EU-Kommission vorgeschlagenen sieben Jahre Übergangsfrist für die Niederlassungsfreiheit von Bürgern aus den Kandidatenländern auch beschlossen werden. Sie habe am Samstag Nachmittag beim informellen EU-Außenministertreffen in Nyköping die österreichische Forderung zu den Übergangsfristen "ganz klar" dargelegt, so die Ministerin Samstag Abend vor der Presse. Die Diskussion sei aber aus Zeitmangel bis Sonntag früh, unterbrochen worden, sodass etwa Spaniens Außenminister Josep Pique seine Position noch nicht dargelegt habe. Während Ferrero-Waldner die Stimmung bei der Debatte am Nachmittag als positiv bezeichnete, sagte Finnlands Außenminister Erkki Tuomioja, die Atmosphäre habe sich "ein wenig angeheizt". Das sei aber normal, da es ja nun um die wichtigen Fragen gehe. Zwar ist niemand grundsätzlich gegen den Vorschlag der EU-Kommission, doch versucht Spanien seine Zustimmung mit dem Versprechen abkaufen zu lassen, dass seine Regionalhilfen auch für die Zeit nach 2006 abgesichert bleiben. "Politisch" anerkenne Österreich den Wunsch Spaniens, doch werde über das Thema erst im nächsten Jahr verhandelt, so Ferrero-Waldner am Abend. Die Niederlassungsfreiheit bringe besondere "Sensibilitäten" für die Österreicher mit sich. Es sei daher wichtig, dass ein EU-Land "wenn es das braucht" sieben Jahre Übergangszeit kriegt. Mit der Flexibilität, die ab dem zweiten Jahr vorgesehen ist, sei der Kommissionsvorschlag "ideal" und komme auch Ländern entgegen, die ihren Arbeitsmarkt rasch völlig liberalisieren wollen. Ferrero-Waldner betonte, dass ihre Position und die des deutschen Außenministers Joschka Fischer "beinahe ident" seien. Trotz der anfänglichen Schwierigkeiten sagt die Ministerin, sie glaube, dass das Kapitel Freizügigkeit im Personenverkehr noch in diesem Jahr abgeschlossen werden kann. "Vielleicht schaffen wir es sogar bis Göteborg", so die Ministerin. Der schwedische EU-Vorsitz hat sich fest vorgenommen, das Kapitel bis zu seinem Abschlussgipfel in Göteborg Mitte Juni abzuschließen. (APA)