Wien - Bis 28. Juni soll der Etappenplan zur ÖGB-Reform stehen. Das hat ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch in der letzten Sitzung des Ausschusses zur Organisationsreform am vergangenen Mittwoch deponiert. Er will dann einen klaren Weg erkennen, wissen, wie es konkret weitergehen soll, ist aus seinem Umfeld zu erfahren. Er selbst hat sich zu Jahresbeginn dafür ausgesprochen, die derzeit 13 Fachgewerkschaften zu acht Branchenbereichen zusammen zu schließen, die den neuen Anforderungen der Arbeitswelt entsprechen. Treffen würde dies vor allem die Angestelltengewerkschaft, deren Mitglieder nach Branchen aufgeteilt würden. Beschluss beim nächsten Bundeskongress Beim nächsten Bundeskongress 2003 soll die Reform beschlossen werden - bis dahin will Verzetnitsch aber, dass mit dem "Umbau" schon begonnen worden ist. Daher ist Ende Juni eine klare Linie notwendig. Sollte das nicht der Fall sein, will Verzetnitsch in die Offensive gehen. Das würde den "Bremsern" im ÖGB missfallen, sie stünden dann als Alt-Gewerkschafter da, die - statt an die Interessen der Mitglieder zu denken - , ihre Pfründe verteidigen wollen. Und Bremser gibt es einige. Selbst in der vorsichtigen Diktion der Gewerkschafter sind deutliche Linien zu erkennen. Hans Sallmutter, Vorsitzender der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) wehrt sich naturgemäß gegen eine Zerschlagung seiner Gewerkschaft. In der neuesten Ausgabe der Gewerkschaftszeitung "Solidarität" sagt er, "es geht dabei um mehr als die bloße Verschiebung von Mitgliedergruppen". Er will in die Reform die "derzeitige Struktur der Gewerkschaften" und jene der Zentrale und der Länderbüros einbezogen wissen, stellt also indirekt die Gewerkschaftszentrale in Wien zur Diskussion. Neugebauer gegen Eingriffe Fritz Neugebauer, Chef der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, ist gegen Eingriffe in "derzeit gut funktionierende gewerkschaftliche Einheiten", sie wären "kontraproduktiv." Auch sollen Reformen nicht zur "Verschiebung von politischen Mehrheiten verwendet" werden, lässt er aufhorchen. Rudolf Nürnberger, Metall-Textil-Vorsitzender und als Fraktionschef der SP-Gewerkschafter ein mächtiger Mann, hat einen Gewerkschaftszusammenschluss bereits vollzogen. Er spricht von notwendigen "Anpassungen an die Arbeitswelt", hält sich aber mit öffentlichen Statements bedeckt. "Solidarität" Der Bundesgeschäftsführer der GPA, Wolfgang Katzian, betont in der "Solidarität", "mit ganzer Kraft" an der Reform mitarbeiten zu wollen. Mit Metaller-Zentralsekretär Franz Riepl ist er aber einig, dass die Neustrukturierung nicht nur bei einer Bündelung von Fachgewerkschaften enden dürfe. Beide sprechen - wie auch Sallmutter - die Frage der Zentrale und der Länder an. Für Günter Weninger, Chef der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten, und Koordinator der Reformideen, ist klar, dass die derzeitigen ÖGB-Strukturen den "neuen Herausforderungen der Globalisierung nicht mehr Stand halten". Ein Ja zur "Neuausrichtung" nach "Wirtschaftsbereichen" kommt auch von Johann Driemer (Bau-Holz). Eine "Neustrukturierung" befürwortet auch Hans-Georg Dörfler (Post). Offen für Zusammenschlüsse ist Leopold Simperl (Agrar-Nahrung-Genuss), er will aber, dass sich die "Betriebsräte und Funktionäre" in einer neuen Organisation "wieder finden". Eisenbahner gegen "Doppel- oder Mehrgleisigkeiten" Die Beseitigung von "Doppel- oder Mehrgleisigkeiten in der Mitgliederbetreuung" muss aufhören - das erwarten die Eisenbahner unter Vorsitzendem Wilhelm Haberzettl von einer Reform. Franz Bittner (Druck und Papier) spricht sich klar für "größere Einheiten" aus, Rudolf Kaske (Dienstleistungen) will zwar "neue Grundstrukturen überlegen", gleichzeitig aber "die Vielfalt gebündelt erhalten". Es sei sinnlos, Mitglieder von einer Gewerkschaft zur anderen zu transferieren, sagt er. Der Grundsatzbeschluss für die ÖGB-Reform stammt aus dem Jahr 1995. Bis heute wurden bloß Kooperationen zwischen einzelnen Fachgewerkschaften geschlossen, wirklich eingespart wurde nur eine. Die Arbeitswelt hat sich dermaßen verändert, dass mit den bestehenden Strukturen nicht mehr weitergearbeitet werden kann - das heißt, die Mitglieder fühlen sich a la longue nicht mehr wirklich vertreten, neue Mitglieder sind so nicht zu werben. Verzetnitsch weiß das. Wenn es um die ÖGB-Reform geht, würde er wohl auch seine eigene Wiederwahl aufs Spiel setzen. (APA)