Westautobahn, Baustelle Seewalchen. Die Fahrbahnen im zehn Kilometer langen Gegenverkehrsbereich sind durch niedrige Betonwände getrennt. Was zwar die Verkehrssicherheit erhöht, aber die Spurbreite verringert. Verkehrstafeln mit der Aufschrift "Busse und Lkw erhöhter Breitenbedarf" fordern die Lenker der voluminösen Vehikel daher auf, beide Fahrspuren zu benützen. Und sie tun es. Pkw-Lenker können nicht überholen, drängen sich hinter den Schwerfahrzeugen, die es bergauf oft nur mit 50 km/h schaffen. Stau. Südautobahn, Baustelle Velden. Der zwölf Kilometer lange Gegenverkehrsbereich ist durch schmale Plastikschienen, auf denen lenkeraugenhohe rot-weiß-rote Plastikstangen stecken, getrennt. Erhöht die Verkehrssicherheit und verringert die Spurbreite nur gering. Busse und Lkw müssen rechts fahren, dürfen überholt werden. Und sie werden. Bei der Polizei langten bereits einige Anzeigen ein. Von Lenkern, denen die Plastikstangen den Seitenspiegel vom Wagen rissen oder denen ein solcher auf ihr Auto geknallt ist. Baustellen auf den Autobahnen stellen - neben dem Ärgernis für Autofahrer - das größte Sicherheitsrisiko dar. Nichtsdestotrotz ist das zum Teil mehrere Jahrzehnte alte österreichische Autobahnnetz dringend sanierungsbedürftig. Auf 33 Baustellen, verteilt über neun Autobahnen, wird derzeit gearbeitet. "Und es werden noch Baustellen dazukommen", erklärt Norbert Deweis, Leiter der Abteilung Planung-Bau-Erhaltung bei der Autobahnen- und Schnellstraßenfinanzierungsaktiengesellschaft (Asfinag). Allein für die Sanierung des 2000 Kilometer langen heimischen Autobahnnetzes will die Asfinag heuer 1,8 Milliarden Schilling ausgeben. Weitere sieben Milliarden sollen in Neubauten fließen, für betriebliche Erhaltung sind zusätzliche 1,6 Milliarden budgetiert. Diesen 10,4 Milliarden stünden lediglich 8,2 Milliarden Schilling Einnahmen gegenüber, klagt Deweis. Um die klaffende Lücke auszugleichen, müsse die Asfinag Eigenkapital verringern. Den Vorwurf der Autofahrerclubs, es werde trotz Erhöhung des Vignettenpreises viel zu wenig in den Erhalt der Autobahnen investiert, weist Deweis "entschieden zurück": Seit die Asfinag ihre Arbeit im Jahr 1998 aufgenommen habe, "wird jährlich doppelt so viel Geld in die Sanierung gesteckt als zuvor". Daher sei auch die Verdoppelung des Vignettenpreises berechtigt. Allerdings sei das Straßenbudget langfristig geplant und auf die Einführung der vollautomatischen Maut Anfang 2004 abgestimmt. "Sollte das Roadpricing erst später eingeführt werden, müssen wir unsere Bautätigkeiten drastisch drosseln", so Deweis. Ganz so will das Kurt Sabatnig vom Arbö nicht stehen lassen: "Die Geldmittel für die Sanierung der maroden Autobahnen sind bei weitem zu wenig." Was Sabatnig auch partout nicht begreifen will ist der Umstand, dass zwar der Schwerverkehr die Fahrbahn ruiniert, aber Pkw-Lenker dafür zahlen müssten. Die Verdoppelung des Vignettenpreises bringe nun jährlich 4,5 Milliarden Schilling - diese würden zu fast 80 Prozent von Pkw-Lenkern bezahlt. "Das Roadpricing für Lkw wurde bereits 1996 diskutiert und ist jetzt auf den Sanktnimmerleinstag verschoben." Dadurch verzichte die Regierung auf jährliche Einnahmen von drei Milliarden Schilling, zusätzlich seien für Lkw etliche Steuern gesenkt worden. "Die Bröselautobahnen in Österreich sind eine Zumutung", ärgert sich auch ÖAMTC-Experte Karl Obermair, die tödlichen Unfälle im Tauerntunnel, in Pöchlarn und zuletzt bei Vomp in Tirol "zeugen von jahrelangen Versäumnissen der Verkehrspolitik". Allein heuer zahlten die Autofahrer über diverse Steuern 116 Milliarden Schilling ein und bekämen lediglich 36 Milliarden Schilling in Form von Reparaturen und Neubauten zurück - das gesamte Straßennetz betreffend. Obermair fordert den Teilverkauf nicht betriebsnotwendigen Kapitals von Bund, Ländern und Gemeinden - etwa Immobilien -, um die Autobahnen "endlich g'scheit zu sanieren". (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5./6.5.2001)