Budapest - Die ungarische Innenpolitik erlebt ein hektisches Wochenende. Der regierende neo-konservative Bund Junger Demokraten (Fidesz) wählt am heutigen Samstag auf einem Parteikongress den amtierenden Unterrichtsminister Zoltán Pokorni zum neuen Vorsitzenden. Er löst den Hardliner László Kövér ab, der sich künftig um den Wahlkampf kümmern soll. Ein Jahr vor den nächsten Parlamentswahlen soll mit Pokorini ein umgänglicherer Politikertypus vorgeschoben werden. Die Entscheidungen werden bei Fidesz aber weiter von einem engen Kreis um den Ministerpräsidenten Viktor Orbán und Kövér getroffen.

Auflösung droht

Für den selben Tag hat der schwer angeschlagene Chef der rechtspopulistischen Kleinlandwirte-Partei (FKGP), Junior-Partner in Regierung, einen großen Parteitag in der mittelungarischen Kleinstadt Cegléd anberaumt. Jozsef Torgyán musste nach einer Korruptionsaffäre um seinen Sohn vom Amt des Landwirtschaftsministers zurücktreten. Seine Partei steht am Rande der Auflösung. Die Regierungskoalition ist immer weniger eine zwischen ihm und Orbán als zwischen dem Premier und jenen Kleinlandwirten, die von Torgyán abrücken.

Den abtrünnigen FKGP-Minister Imre Boros vermochte Torgyán als seinen Nachfolger im Landwirtschaftsressort am Ende zu verhindern. Nun bekleidet ein politisch bedeutungsloser Kompromisskandidat das Amt. Torgyán will Boros jetzt auch aus dem ressortfreien Ministerium für die EU-Beitrittshilfen entfernen. Möglicherweise wird er auf dem großen Parteitag ein Ultimatum an Orbán formulieren: Entweder Boros geht, oder die Koalition ist aufgekündigt.

(Gregor Mayer/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5. Mai 2001)