Kunst und Kultur
Österreichische Regiehoffnung in Cannes
Ruth Mader hätte ihren Film am liebsten im Wahlkampf eingesetzt
Wien - Ruth Mader, seit 1992 Studentin der Wiener Filmakademie, ist eine der jungen
weiblichen Regiehoffnungen in Österreich, die zurzeit sogar international die
Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Ihr regierungskritischer Kurzfilm "Null Defizit", der im
Rahmen der Filmfestspiele in Cannes (9. bis 20. Mai) in der offiziellen
Nachwuchsschiene "Cinefondation" gezeigt wird, wurde auch bei der vergangenen
Diagonale in Graz als eines der Programm-Highlights gehandelt.
Mader wurde 1974 in Wien geboren. Noch in der Schule entstand ihr erster
halbstündiger Film "Endstation Obdachlos", der 1992 den Dokumentarfilmpreis des
österreichischen Schülerfilmfestivals gewann. Eine Arbeit, von der sich ein direkter
Bogen zum halbdokumentarischen Elf-Minuten-Streifen "Null Defizit" spannen lässt, in
dem Mader die Gegenwelt zur Leistungsgesellschaft zeigt. Inszenierte Kurzszenen
rücken Gesellschaftsgruppen ins Zentrum, die vom neuen Kurs der
Mitte-Rechts-Regierung betroffen sind. Zwölf Schlagwörter, die sich seit Februar 2000
im politischen Sprachalltag ihren Platz erobert haben, liefern dazu die formale Struktur.
Tradition des Propagandafilms
Sie habe dabei auf die Tradition des Propagandafilms zurückgegriffen, erzählt die
junge Filmerin im Gespräch. Der Wunsch, Menschen "emotional zu berühren,
umzustimmen oder zu bestärken", sei ihre ursprüngliche Motivation, Filme zu machen.
Sie hätte "Null Defizit" am liebsten im Wahlkampf eingesetzt, "aber weder die Grünen
noch die Sozialisten wollen ihn verwenden." Nun würden die GewerkschafterInnen
versuchen, Geld für Kopien aufzustellen. Eine definitive Zusage für eine Vorführung
habe sie erst von einem Wiener Kino.
Auf der Filmakademie entstanden weiters die Kurzfilme "Gatsch" (1993) und
"Kilometer 123,5" (1994) sowie "Ready for What" (1995), die rund halbstündige
Dokumentation einer Reise durch Russland, China, Indien und die USA. Für den
Kurzfilm "Gfrasta"(1998), in dem drei Mädchen ein viertes quälen, gewann Mader 1999
den Max Ophüls Preis (bester Kurzfilm) beim Filmfestival in Saarbrücken. Derzeit
bereitet die Regiestudentin ihren Diplomfilm vor - "entweder einen Thriller oder eine
lose Anordnung von Szenen." Ihre Zukunft als Filmerin sieht Mader eher beim
Spielfilm. (APA)