Finanzen & Börse
"Wait and See"
Dämpfer für Zinssenkung: Bundesbankpräsident Welteke bekräftigt abwartende Haltung der EZB
Frankfurt- Bundesbankpräsident Ernst
Welteke und EZB-Direktoriumsmitglied Tommaso Padoa-Schioppa
haben am Freitag Spekulationen um eine Zinssenkung in der
Euro-Zone erneut einen Dämpfer versetzt. Welteke bekräftigte in
Frankfurt, die Europäische Zentralbank (EZB), halte derzeit
weiter an ihrer abwartenden Haltung in der Zinspolitik fest.
Padoa-Schioppa sagte, das gesamtwirtschaftliche Umfeld lasse
derzeit keine "signifikante" Zinssenkung in der Euro-Zone zu.
Mit den deutlichen Zinssenkungen der US-Notenbank Fed seit
Jahresbeginn war in den vergangenen Wochen der Druck auf die
europäischen Währungshüter gewachsen, ihrerseits die Leitzinsen
zu senken und damit der Konjunktur unter die Arme zu greifen.
"Anhaltende Risiken für Preisstabilität
Die EZB hat dem Druck bislang jedoch stand gehalten und seit
Oktober den Leitzins unverändert gelassen. Als Haupthindernis
für eine Senkung sehen die Währungshüter weiterhin die
anhaltenden Risiken für die Preisstabilität. Die Inflation in
der Euro-Zone liegt derzeit mit 2,6 Prozent weiterhin deutlich
über der von der EZB definierten Obergrenze für Preisstabilität
von zwei Prozent. Die EZB fürchtet vor allem, dass sich der
Inflationsanstieg in höheren Lohnforderungen niederschlagen und
damit eine Lohn-Preis-Spirale in Gang setzen könnte.
Verfechter einer Zinssenkung argumentieren dagegen, dass die
Inflationsraten im kommenden Jahr wieder deutlich fallen werde
und es nun an der Zeit sei, der Konjunktur in der Euro-Zone
unter die Arme zu greifen. Die Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hatte am Donnerstag ihre
Wachstumsprognosen für die führenden Industrienationen deutlich
nach unten korrigiert. Der OECD zufolge wird das
Wirtschaftswachstum in den USA im laufenden Jahr nur 1,7 statt
der zuvor erwarteten 3,5 Prozent betragen. Die Euro-Zone werde
um 2,6 an Stelle der zuvor prognostizierten 2,7 Prozent wachsen.
"Für den heutigen Stand gilt 'Wait and See'", sagte Welteke
auf einer Veranstaltung zur Euro-Bargeldeinführung in Frankfurt.
Der Preisdruck sei in den letzten Monaten zwar geringer
geworden, aber die aktuellen Zahlen gäben ein Signal in die
andere Richtung. Die EZB müsse abwarten, wie sich die nächsten
Inflationsdaten entwickelten.
"Die EZB hilft dem Wachstum"
Auch Padoa-Schioppa bekräftigte vor Journalisten in Brüssel
die abwartende Haltung der EZB. "Zum jetzigen Zeitpunkt erlauben
die Bedingungen keine signifikante Senkung der Zinssätze in
Europa", sagte er. Der derzeitige Leitzins von 4,75 Prozent sei
bereits niedrig und behindere das Wachstum in der Euro-Zone
nicht. Das beste, was die EZB zum Wachstum beitragen könne, sei
die Preisstabilität zu garantieren. "Die EZB hilft dem Wachstum,
indem sie stabile Preise sichert", sagte Padoa-Schioppa weiter.
Welteke und Padoa-Schioppa sind als Mitglieder im EZB-Rat
stimmberechtigt bei den Zinsentscheidungen der Zentralbank. Der
Rat wird am kommenden Donnerstag zu seiner nächsten Zinssitzung
zusammentreffen. (Reuters)