Damaskus - Am zweiten Tag seines Besuchs in Syrien hat Papst Johannes Paul II. Christen, Muslime und Juden zur Verständigung und zu gegenseitigem Respekt aufgerufen. Die Gläubigen der drei Weltreligionen sollten "mit Zuversicht und Mut zusammenarbeiten", sagte Sonntag das katholische Kirchenoberhaupt bei einer Messe unter freiem Himmel vor 50.000 Gläubigen in Damaskus.

Zugleich forderte der Papst in seiner Predigt die Anerkennung "der legitimen Rechte der Völker" im Nahen Osten. Muslime, Christen und Juden müssten zusammenarbeiten, damit es Frieden gebe.

Die Messe im Sportstadion der syrischen Hauptstadt, an der zahlreiche orthodoxe Würdenträger teilnahmen, wurde auch in Arabisch gehalten. Beifall brauste auf, als der Papst die Menge mit den arabischen Worten "Salem aleikum" (Friede sei mit euch) grüßte. Der 80-jährige Kirchenführer machte bei seinem zweiten Besuchstag in Syrien einen erschöpften Eindruck. Er saß zusammengesunken auf seinem Stuhl, sprach langsam und mit leiser Stimme.

Am Abend besuchte das katholische Kirchenoberhaupt als erster Papst in der Geschichte eine Moschee. In der großen Omaijaden-Moschee von Damaskus befindet sich der Überlieferung zufolge eine Reliquie vom Kopf Johannes des Täufers. Mit dem Besuch in der Omaijaden-Moschee, in der sich auch das Grab von Johannes dem Täufer befindet, sollte nach seinem Willen ein weiteres Zeichen für den Dialog zwischen den Religionen gesetzt werden. Die 1300 Jahre alte Moschee, die ehemals eine christliche Basilika beherbergte, ist eines der prächtigsten muslimischen Gotteshäuser der Welt. Der römische Kaiser Theodosius hatte auf einem Teil der ursprünglichen Tempelanlage eine Basilika errichten lassen. Im 8. Jahrhundert musste die Johannes-Basilika dem vom Kalifen befohlenen Moschee-Neubau weichen.

Bei seiner Ankunft in Syrien am Samstag hatte Johannes Paul II. zu Frieden im Nahen Osten aufgerufen. Auf der zweiten Station seiner Pilgerfahrt auf den Spuren des Apostels Paulus wurde er vom syrischen Präsidenten Bashar Assad begrüßt. Zwei Millionen der 17 Millionen Syrer bekennen sich zum Christentum, etwa die Hälfte davon gehören der griechisch-orthodoxen Kirche an. Zuvor hatte er Griechenland einen historischen Besuch abgestattet und in Athen für alle "Sünden und Unterlassungen" gegenüber der orthodoxen Kirche um Verzeihung gebeten. (AFP/ dpa/DER STANDARD, Print- Ausgabe, 7. 5. 2001)